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China in der Schweiz Darum startet Chinas Premier Li Qiang seine Europa-Tour in Bern

Die Schweiz ist für China ein wichtiger Zugang zum europäischen Kapital. Der hohe Besuch lasse da kaum Fragen offen, sagt Ostasien-Korrespondent Samuel Emch vor dem Treffen am nächsten Montag in Bern.

Der chinesische Premierminister Li Qiang ist einer der hohen Gäste am diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos. Bei seiner Reise in die Schweiz trifft Li am Montag in Bern auch Bundespräsidentin Viola Amherd und weitere Bundesräte zu einem offiziellen Besuch.

Ein Besuch eines so hochrangigen chinesischen Beamten ist zuerst einmal ein Zeichen für intakte Beziehungen. Für China ist die Schweiz ein Zugang zu Europa. So wird der Besuch von Li Qiang in Bern der Start für eine ganze Serie von Besuchen in europäischen Hauptstädten sein.

Mann sitzt auf einem Sessel.
Legende: Li Qiang, Chinas Premier und Wirtschaftsminister, am 24. November 2023 beim Empfang von Frankreichs Aussenministerin in Peking. Keystone/EPA AFP Pool/Jade Gao

Ziel dieser Besuche wird sein, die Beziehungen zu Europa wieder zu verbessern und zu stärken, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht. Auch diesbezüglich ist die Schweiz ein spezieller Zugang zu Europa respektive zu europäischem Kapital für China. So können sich chinesische Unternehmungen dank spezieller Vereinbarungen an der Schweizer Börse kotieren lassen und so in Europa Geld aufnehmen.

Freihandelsabkommen könnte Thema sein

Speziell für ein europäisches Land ist auch das Freihandelsabkommen zwischen China und der Schweiz, das den Handel zwischen den beiden Ländern seit zehn Jahren prägt. Ob der Besuch von Premier Li zum Anlass wird, das Freihandelsabkommen nach dem Wunsch der Schweizer Wirtschaft aufzufrischen, ist offen.  

Dazu gab es heute von chinesischer Seite keinen konkreten Hinweis. Die Sprecherin des Aussenministeriums beschränkte sich vorwiegend auf allgemeine Aussagen zu den langen und guten Beziehungen der Schweiz.

Chinas Probleme mit Investitionen

Die wirtschaftlichen Beziehungen werden aber definitiv ein Diskussionsthema sein in Bern. Das liegt im Jobprofil von Li Qiang. In China ist der Premierminister zuständig für die Wirtschaft. Und diese läuft derzeit harzig.

Insbesondere die Investitionen, die vom Ausland nach China fliessen, sind arg geschrumpft. Auch die geopolitischen Spannungen zwischen China und Europa sind ein Grund dafür. Li Qiang wird den Auftrag haben und bemüht sein, diese negative Tendenz zu drehen mit seinen Besuchen in den europäischen Hauptstädten. Der Auftrag beginnt am Montag in Bern.

Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt zum Besuch

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Lange Zeit lief es eher harzig bei den Gesprächen mit China über eine Modernisierung des 2013 unterzeichneten Freihandelsabkommens. Jetzt zeigt sich Wirtschaftsminister Guy Parmelin doch «moderat optimistisch», wie er sich am Montagabend im Eco Talk von SRF erklärte: China scheine bereit, nach vorne gehen zu wollen.

Parmelin geht davon aus, dass vielleicht bald ein Mandat für Verhandlungen über ein «Update» des Freihandelsabkommens ausgearbeitet werden kann. Das Treffen vom Montag in Bern mit Premier Li Qiang könnte diesen Prozess allenfalls beschleunigen.

Der Bundesrat hatte 2021 eine China-Strategie beschlossen, um einheitlich gegenüber der Volksrepublik aufzutreten. Sie läuft Ende Jahr aus und wird durch eine vierjährige Nachfolge-Strategie abgelöst, die das EDA zurzeit ausarbeitet. Das macht die Schweiz selbständig, die Strategie wird also nicht Thema vom Treffen in Bern sein.

Der Besuch von Li Qiang wird in Bern vor allem auch als positives Zeichen von China gegenüber der Schweiz gedeutet. Umso mehr, als der Anstoss für das Treffen offenbar von chinesischer Seite gekommen sein soll. China und die Schweiz unterhalten seit 1950 bilaterale Beziehungen. Heute ist China der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz hinter der Europäischen Union und den USA. (burp)

 

Echo der Zeit, 11.01.2024, 18:00 Uhr

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