John Felber sitzt mit Trainerhose in seinem Wohnzimmer in einem Sessel. Das Tablet in seiner Hand bewegt er ganz minim: Nach links und rechts, um den Skifahrer auf dem Bildschirm zu steuern, nach vorne, um in die Hocke zu gehen, nach hinten, um zu bremsen. Virtuell fährt er so die Lauberhorn-Strecke runter – über den «Hundschopf», den «Haneggschuss» runter, durch das «Brüggli-S».
Abseits von der echten Skipiste – eben zu Hause auf dem Sofa – wurde zum ersten Mal in dieser Saison mit dem Computerspiel «Ski Challenge» ein virtueller Ski-Weltcup ausgerichtet. Hier ist John Felber fast genauso gut unterwegs wie die Profis Lara Gut-Behrami, Marco Odermatt und Co. in der realen Skiwelt.
Der 27-jährige John Felber belegt von mehreren 100'000 Spielerinnen und Spielern zurzeit den zweiten Platz. Eigentlich sei er zufällig auf «Ski Challenge» gestossen: «Ich habe das Spiel spasseshalber mal heruntergeladen.»
Ich habe das Spiel spasseshalber mal heruntergeladen.
Er habe hauptsächlich die Strecke von Kitzbühel gespielt. Als dann ein Rennen veranstaltet wurde, sei er praktisch aus dem Nichts auf den zweiten Platz gefahren. «Da habe ich gemerkt, dass ich Potenzial habe. Seitdem habe ich mehr Zeit investiert.»
Neben dem Weltcup gibt es auch noch den Nationscup. Hier gilt eine separate Wertung – und hier kann nicht jeder oder jede mitmachen. Dafür muss man sich qualifizieren.
John Felber packte der Ehrgeiz. Er trainierte täglich mindestens eine halbe Stunde – mit Erfolg: Er schaffte es ins vierköpfige Schweizer Nationalteam und nennt sich in der virtuellen Welt John-Julian.
Beim Nationscup gibt es neun Rennen. Diese sind immer gleichzeitig mit dem echten Ski-Weltcup. An einem Rennwochenende verbringt er schon mal gut und gerne bis zu sieben Stunden am Tablet.
Jüngere Leute zum Schneesport bringen
Die Fahrer aus den Nationalteams sammeln Punkte. Die beste Nation gewinnt Ende Saison 10'000 Franken. Der Schweizer Skiverband Swiss-Ski hat den Wettbewerb mitinitiiert: «Wir sind überzeugt, dass wir im E-Gaming Potenzial haben, um jüngere Zielgruppen anzusprechen», sagt Diego Züger, Co-Geschäftsleiter bei Swiss-Ski. So sollen die Leute schrittweise mit dem Schneesport in Berührung kommen. Vom Sofa also quasi an die frische Schneeluft gelockt werden.
Bei John Felber war es gerade umgekehrt. Der Sportstudent fuhr früher selber richtige Skirennen. So erklärt er sich auch ein bisschen seinen jetzigen Erfolg beim Gamen: «Linientechnisch weiss ich durchs Skifahren sicher, wie wo was funktionieren könnte.» Und auch wenn das virtuelle Rennen nicht anstrengend aussieht: Es brauche Übung und volle Konzentration.
Auf der Sportschule mit Marco Odermatt
Die habe er bestimmt, bestätigt ein ganz grosser im Skizirkus: Marco Odermatt. «John war schon immer einer, der Vollgas gegeben hat und nicht verlieren konnte.» Felber und Odermatt sind gut befreundet, kennen sich aus dem echten Leben – aus gemeinsamen Zeiten an der Sportschule. John Felber habe immer so lange geübt, bis er es nicht nur konnte, sondern am besten konnte, erinnert sich der Skistar.
John war schon immer einer, der Vollgas gegeben hat und nicht verlieren konnte.
Wenn die Skisaison am 24. März im österreichischen Saalbach zu Ende geht, dann reicht es John Felber anders als Marco Odermatt nicht ganz an die Spitze. Für ihn gilt es, den zweiten Platz zu verteidigen. Der Erste im Ski-Challenge-Weltcup, ein Österreicher, ist punktemässig nicht mehr einzuholen.