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Epidemiologe Marcel Salathé im Interview
Aus 10 vor 10 vom 25.09.2020.
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Coronavirus in Europa Herr Salathé, wieso stehen einige Länder besser da als andere?

Spanien zählt fast zehnmal so viele Corona-Neuinfektionen wie Italien – trotz strenger Maskenpflicht. Wie kann das sein? Das Interview mit Epidemiologe Marcel Salathé.

Das Coronavirus hält Europa in Atem. Es gibt steigende Infektionszahlen in Spanien oder Frankreich. Andere Länder wie Deutschland oder auch Italien können die Infektionen auf tieferem Niveau halten. SRF News hat bei Epidemiologe Marcel Salathé nachgefragt.

Marcel Salathé

Marcel Salathé

Professor für Epidemiologie

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Marcel Salathé ist Epidemiologe an der ETH Lausanne (EPFL). Er ist Professor und leitet das Digital Epidemiology Lab an der EPFL. Bis im Februar 2021 war er zudem Mitglied der Covid-Taskforce des Bundes.

SRF News: Wie erklären Sie sich diese grossen Unterschiede zwischen den Staaten?

Marcel Salathé: Abschliessend sagen kann man das nicht, das ist während einer Pandemie sehr schwierig und auch danach noch. Diese Unterschiede gibt es auch lokal in einem Land, je nach Region. Klar ist: Dort wo die Zahlen tief sind, ist das Gesamtpaket der Massnahmen genügend stark, um die Reproduktionszahl R unter 1 zu halten (Anm. d. Red.: Die Reproduktionszahl ist die Zahl der Menschen, die ein Infizierter durchschnittlich ansteckt). Es braucht nur eine Zeit lang ein R über 1 und plötzlich steigen die Zahlen exponentiell an.

Spanien hat aber sehr strenge Regeln, wie eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum, und trotzdem so hohe Zahlen.

Das ist ein guter Punkt. Das Gesamtpaket an Massnahmen besteht eben aus zwei Kategorien. Die eine ist die Prävention, also Maskenpflicht, Hygienemassnahmen, Distanzregeln. Die zweite Kategorie ist die Eindämmung. Also den Covid-Fällen nachzugehen, die Corona-Tests und das Contact Tracing. Es braucht beides, damit es kein Loch in der Verteidigungsstrategie gibt.

Und was läuft in Spanien nicht gut?

Meine These ist, dass die Präventionsmassnahmen in Spanien zwar stark sind, aber dass sie beim Eindämmen nicht nachkommen. Man hört, dass es zum Teil Wochen dauert, bis ein Contact-Tracer bei einem Infizierten anruft. Dass sie bei den Tests und dem Contact Tracing am Anschlag sind bzw. dass es dort aus dem Ruder läuft. Das haben wir ja europaweit auch im Frühling schon gesehen. Es ist dann fragwürdig, dass man einfach noch mehr Einschränkungen wie strengere Maskenpflicht verhängt, denn dort ist nicht das Problem.

Also ist auch der Staat in der Pflicht, Massnahmen genau zu überprüfen.

Sicherlich. Es funktioniert am besten, wenn alle einen guten Job machen.

Was kann die Schweiz daraus lernen?

Wir sollen auf die Länder schauen, wo es gut läuft: Italien, Deutschland und auch in der Schweiz selbst läuft es gut, eben auch mit dem Testen und dem Contact Tracing. Ich bin eigentlich sehr optimistisch. Wir haben zwar lokale Problemzonen, aber unsere Massnahmen funktionieren grundsätzlich. Deshalb ist es ein Vorteil, wenn man die Infektionszahlen tief halten kann, denn so reichen auch die Kapazitäten für Tests und Tracing aus.

Es gibt doch einige Leute in der Schweiz, denen gehen die Einschränkungen zu weit.

Deshalb ist es für die nächste Zeit nun so wichtig, die Massnahmen noch präziser auszugestalten, damit sie möglichst wenige Menschen betreffen und möglichst wenig einschränken. So, dass die Bevölkerung die Massnahmen auch mitträgt. Also bei der Risiko-Nutzen-Analyse noch mehr herausholen. Ich denke da etwa an die Reisequarantäne. Dass man da laufend überprüft, wie viele Fälle man damit überhaupt verhindert und was die Kosten sind. Solche Zahlen sollte man haben.

Das Interview führte Viviane Manz.

10vor10 vom 25.09.2020;

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