Um einen Beruf zu lernen, absolviert man am besten eine Berufslehre. Um neu ins Amt als Gemeinderat zu kommen, macht man dazu am besten einen Kurs.
Aktuell drücken hundert neue und bisherige Solothurner Gemeinderätinnen und -räte die Schulbank. Sie nehmen an einem Kurs teil. Mitarbeitende des Amts für Gemeinden geben Tipps und Tricks für die Praxis. Es geht um Pflichten im Amt, Ablauf von Sitzungen, Gemeindefinanzen und so weiter.
Grosses Pensum für Milizler
Eine der Kursteilnehmerinnen in der Mehrzweckhalle von Lüterkofen ist Melanie Renda. Seit August ist sie Ersatzgemeinderätin der Mitte-Partei in Zuchwil. «Ich erhoffe mir viele Informationen und Inputs, damit ich mein Amt noch professioneller ausführen kann.»
Dieser Alltag bietet mir so viel Diverses.
Renda arbeitet als Praxiskoordinatorin und Ausbildnerin für Praxisassistentinnen. Die zweifache Mutter ist zudem in der Feuerwehr aktiv – und nun auch in der Gemeindepolitik. Ein grosses Pensum. «Nach der Arbeit habe ich Fraktionssitzung zur Gemeinderatssitzung. Aber das ist ein Alltag, der mir so viel Diverses bietet. Das gibt es so sonst nicht.»
Die Hälfte wird wieder aufhören
Alle Teilnehmenden sind in ein Milizamt gewählt. Politik machen sie also in ihrer Freizeit. Viele hätten bisher noch keine Erfahrungen mit politischen Entscheidungsprozessen, sagt André Grolimund, Leiter des Amts für Gemeinden. Die Hinweise würden sie deshalb gerne annehmen.
Auch wenn die neuen Gemeinderätinnen und -räte am Kurstag motiviert sind wie Melanie Renda: Die Hälfte von ihnen wird das Amt wieder abgeben. Das zeigen Zahlen der letzten Jahre.
«Es ist eine grosse zeitliche Belastung und Verantwortung. Es gibt viele andere Freizeitangebote», meint Grolimund. «Dazu kommen manchmal persönliche Schwierigkeiten oder Komplikationen im Gemeinderat, die aufreibend sind. Und da fragt man sich: Warum tue ich mir das überhaupt noch an?»
Der Amtschef sagt aber auch: Der Umgangston in der Dorfpolitik sei nicht rauer geworden. «Das war früher schon so. Es sind Einzelfälle.»
«Ich kann nicht einfach wegziehen»
Einen ruppigen Umgangston in der Dorfpolitik kennt Chantal Eberhard (FDP). Sie wurde neu in den Gemeinderat von Schnottwil gewählt. Unter anderem wegen Anfeindungen war dort der gesamte Gemeinderat bei den Wahlen nicht mehr angetreten. «Ich möchte im Kleinen dafür einstehen, dass man miteinander und nicht gegeneinander arbeitet. Meine Familie betreibt einen Bauernhof. Ich kann nicht einfach wegziehen.»
Schon eine Legislatur im Gemeinderat hat Noe Loosli absolviert, für die Grünen in Zuchwil. «Ich sehe es als Teil meiner Aufgabe, unsere Gemeinschaft ein Stück zusammenzubringen. Oder zu verstehen, was die Gegenseite meint.» Sich neben der Arbeit in Dossiers einzulesen, sei aber ein grosser Aufwand.
Dank Kurs genauer hinschauen
Am Schluss des Kurses die Frage an Melanie Renda: Fühlt sie sich nun gut vorbereitet auf das Amt im Gemeinderat? «Bei gewissen Dingen wurde mit heute klarer, welches Gewicht sie haben – etwa ein Finanzplan oder die internen Kontrollen. Ich werde in meiner Gemeinde bei diesen Bereichen ein bisschen genauer hinschauen.»
Bereits am Tag nach dem Kurs geht es für Melanie Renda weiter mit Politisieren. Auf der Traktandenliste des Gemeinderats Zuchwil stehen das neue Altersleitbild der Gemeinde, die Revision des Feuerwehrreglements oder ein Landverkauf.