Acht Generationen der Familie Bühler wohnten seit 1743 im herrschaftlichen Oberhaus in Feldbach. Was immer sich darin ansammelte, blieb weitgehend erhalten. Auf zwei Stockwerken haben sich Taufkleider, Werkzeug, Geschirr, Spielzeug, Bilder, Fotos, Schriften und Hunderte andere Alltagsgegenstände angesammelt.
Für die Nachkommen wurde das Haus zu einer Freude und einer Last. Was tun mit diesem riesigen Haus voller Dinge? Mit Dutzenden Kinderwagen, Porzellan- und Waffensammlungen und und und? Zwar hatte die letzte Bewohnerin den gigantischen Nachlass zum Teil geordnet und inventarisiert, sie konnte die Aufgabe bis zu ihrem Tod 2016 aber nicht vollenden. Ihr Sohn, der 54-jährige Stefan Bühler, war im Oberhaus aufgewachsen und musste sich zusammen mit seiner Schwester mit dem Erbe auseinandersetzen.
Übernachten im Himmelbett des ehemaligen Gutsherrn
Als Kind sei das Leben im Oberhaus ein Paradies gewesen, erinnert er sich. «Doch wenn man keine Lösung hat, ist es eine Last». Ihnen sei bald klar geworden, dass sie selbst weder das Wissen noch die Zeit oder das Geld aufbringen konnten, um diesen riesigen Nachlass sinnvoll zu verwalten. Sie gründeten eine Stiftung und suchten eine Fachkraft, welche die Sammlung aufarbeitet. «So wird das Ganze zu einem Wert.»
Heute betreibt er mit seiner Frau in den beiden unteren Stöcken ein Bed & Breakfast, das die Geschichte des Hauses erlebbar macht. So kann man im Himmelbett des Bauherren Hans Jakob Bühler und seiner Frau Regula Heusser übernachten. Aus den beiden oberen Stockwerken wird mit Unterstützung des Kantons ein Museum, das ab 2024 für alle zugänglich sein soll.
Das Bed & Breakfast bringt Leben ins Haus.
Zunächst mussten die Erben etliches räumen und sortieren, sonst aber nur die Böden schleifen und ölen, putzen und malen. Auch nach der Entrümpelungsaktion sind die oberen Stockwerke noch voller Gegenstände, «Lebensspuren», sagt ihnen Stefan Bühler. Vieles ist sehr gut erhalten, seien es Hochzeitskleider, Militäruniformen oder Schuhe. Diese lagern in Schuhschachteln, zu Hunderten aufeinander getürmt.
Dankbar und erleichtert
Wie so viele andere Dinge, die keine Bühler-Generation je weggeworfen hat, erlauben sie einen einzigartigen Blick in längst vergangene Zeiten. «Arbeit war günstig und das Material kostbar», erklärt Stefan Bühler. War Platz vorhanden, hätte man nichts weggeworfen. «Es hätte ja sein können, dass man es noch einmal braucht.» Es ist ein geordnetes Sammelsurium und gleichzeitig ein historischer Bestand ohnegleichen.
In 50 Jahren wohnt vielleicht wieder jemand im Haus.
Stefan Bühler ist dankbar und erleichtert, dass die Pläne für das Haus aufgegangen sind. Er selbst lebt mit seiner Frau im ehemaligen Hühnerstall neben dem Haupthaus. Er hat ihn zum modernen Tiny-House umgebaut. Im Vergleich mit seinen Vorfahren lebt der Gutsherr des 21. Jahrhunderts geradezu bescheiden. Für ihn stimmt das. «Für mich ist das kleine Haus ein wichtiger Rückzugsort.» Er wünscht sich, dass die «Lebensspuren» seiner Familie auch in ferner Zukunft in irgendeiner Form weiter erhalten bleiben. In 50 Jahren sei ja vielleicht wieder Wohnen im grossen Haus angesagt.