- Daten von Online-Meldestellen aus den Städten Bern und Zürich zeigen: Die meisten sexuellen Belästigungen finden auf offener Strasse statt, gefolgt vom öffentlichen Verkehr.
- Der ÖV will die Fahrgäste zusätzlich sensibilisieren und die Präventionsmassnahmen verbessern.
Die meisten sexuellen Belästigungen passieren nicht in einer Bar, einem Club oder an einem Fest, sondern auf offener Strasse – und, bereits am zweithäufigsten, im Tram, im Bus und am Bahnhof. Das zumindest zeigen Daten aus den Städten Bern und Zürich, die mit den Online-Tools « Zürich schaut hin » und « Bern schaut hin » erfasst werden.
Im ÖV hat es viele Menschen. Es ist schwer, die Übersicht zu behalten, zu sehen, was passiert, und es ist schwer, sich auszuweichen.
Mögliche Gründe für diese Häufigkeit im öffentlichen Verkehr gibt es einige. «Wir können uns vorstellen, dass dem so ist, weil es dort viele Menschen hat», sagt Regula Bühlmann, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau der Stadt Bern. «Es ist schwer, die Übersicht zu behalten und zu schauen, was passiert eigentlich. Und dort ist es auch schwer, sich auszuweichen», sagt sie weiter.
Über ein Drittel der jungen Frauen in Bern und Zürich habe bei der Meldestelle angegeben, schon mindestens einmal im Tram oder Bus sexuell belästigt worden zu sein. Das können anzügliche Gesten sein, verbale Äusserungen oder Berührungen. Es gehe dabei nicht um strafrechtlich relevante Gewaltdelikte, sagt Bühlmann, sondern eigentlich um die täglichen Grenzüberschreitungen.
«Es ist ein wichtiger Teil der Kampagne ‹Bern schaut hin›, dass wir auch die Bevölkerung zu Zivilcourage aufrufen. Dass wir sie dazu aufrufen, hinzuschauen, hinzustehen und Betroffene zu unterstützen», so Bühlmann.
Nur ein sicherer ÖV bleibt attraktiv
Doch auch die ÖV-Branche ist gefordert. In einzelnen Zürcher Bussen weisen Plakate auf die Meldestelle hin. Auch in Bern würden die Fahrgäste sensibilisiert, sagt Rolf Meyer vom Berner Verkehrsunternehmen «Bernmobil».
«‹Bernmobil› hat schon lange Verhaltensregeln aufgestellt, wie unsere Fahrgäste sich im öffentlichen Verkehr verhalten sollen. Und wir haben vor, die Verhaltensregeln in diesem Bereich zu ergänzen, damit klar ist: Dieses Verhalten wird im öffentlichen Verkehr nicht akzeptiert.»
Auch die SBB will nun wissen, wie wohl sich die Passagiere in den Zügen fühlen. Seit anfangs Jahr sind in einzelnen Fernzügen QR-Codes angebracht. So können Fahrgäste noch bis Ende März mit dem Handy anonym sexuelle Belästigungen ebenso wie Lärm, Vandalismus oder Littering melden.
Mit den ausgewerteten Daten will die SBB die Präventionsmassnahmen wie beispielsweise den Einsatz der Transportpolizei verbessern. Die ÖV-Branche ist sich bewusst: Nur ein sicherer ÖV ist auch ein attraktiver ÖV.