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Kosten senken, aber nicht die Qualität: Wie geht das?
Aus Politikum vom 14.03.2023. Bild: Keystone/Gaetan Bally
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Debatte im Parlament Wie kriegt man die steigenden Gesundheitskosten in den Griff?

Für viele Haushalte in der Schweiz sind die hohen Krankenkassenprämien ein Problem. Der Ständerat diskutiert darüber, ob es im Gesundheitswesen Kostenziele geben soll. Im Gespräch mit SRF diskutieren die beiden Ständeräte Erich Ettlin und Hannes Germann über mögliche Lösungen.

SRF News: Ein Vorschlag der Mitte will, dass Bund und Kantone den Kostenanstieg an die Löhne und die Wirtschaftskraft koppeln. Wie soll das funktionieren, Herr Ettlin?

Erich Ettlin: Man sollte dort ansetzen, wo die Wurzel liegt, um die Kostensteigerung in den Griff zu bekommen. Deshalb steht im Initiativtext: Der Bund soll mit den Kantonen zusammen Lösungen suchen, weil die beiden für das Gesundheitswesen verantwortlich sind. Leistungen, die besonders hohe Kosten verursachen, aber wenig Nutzen bringen, sollen herausgenommen werden.

Mitte-Vorschlag: Kostenanstieg an Löhne und Wirtschaft koppeln

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Eine Initiative der Mitte-Partei fordert den Bundesrat auf, zusammen mit den Kantonen Kostenbegrenzungsmassnahmen zu ergreifen, wenn die Kosten pro Person mehr als 20 Prozent ansteigen als die Löhne und die Wirtschaft. Damit sollen sich die Gesundheitskosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entsprechend der Gesamtwirtschaft entwickeln und die Prämien bezahlbar bleiben.

Hannes Germann: Der Bund hat bereits heute die Möglichkeit, bei den Kosten einzugreifen und macht das auch. Auch die Kantone machen und können das. Es gibt verschiedene Systeme wie Globalbudgets und andere Steuerungsinstrumente. Direkte Mengenbeschränkungen etwa, die mitunter auch unangenehm sind. Oder auch degressive Vergütungen und die Spitalplanung. Aber ich sage nicht, dass es da kein Potenzial mehr gäbe.

Erich Ettlin

Erich Ettlin

Ständerat (Mitte/OW)

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Nach einer kaufmännischen Ausbildung bildete sich Erich Ettlin zum Betriebsökonomen, Steuerexperten und Wirtschaftsprüfer weiter. Von 1996 bis 2001 war er Chef der kantonalen Steuerverwaltung Obwalden. Seit 2010 ist Ettlin Partner und Mitglied der Geschäftsleitung bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO AG. Seit 2015 vertritt er den Kanton Obwalden im Ständerat.

Dennoch steigen aber die Kosten regelmässig?

Hannes Germann: Sie steigen aber nicht so übermässig, wie wir das im Moment glaubhaft machen wollen. Wir hatten schon immer hohe Kosten. Und sie haben sich vor allem seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes verdreifacht. Aber auch, weil der Grundleistungskatalog kontinuierlich ausgeweitet wird. Die medizinische Entwicklung macht Fortschritte, was ich grundsätzlich positiv finde.

Es braucht beides: Gute Qualität senkt die Kosten, weil sie verhindert, dass man zweimal operieren oder wieder zurück ins Spital muss.
Autor: Erich Ettlin Ständerat (Mitte/OW)

Erich Ettlin: Die Kosten sind, wie gesagt, dreimal so hoch wie noch 1996. Die Löhne steigen aber nicht im gleichen Mass. Die Familien spüren zunehmend diese Differenz zwischen Lohnentwicklung und Prämien. Wir alle sind froh, dass das Gesundheitswesen Fortschritte macht. Aber in allen anderen Branchen führen neue Technologien zu tieferen Kosten.

Gegenvorschlag des Nationalrats: Kosten- und Qualitätsziele

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Der Gegenvorschlag des Nationalrats sieht keine Kostenbremse, sondern Kostenziele vor. Ausserdem sind zusätzlich Qualitätsziele vorgesehen. Diese soll der Bund zusammen mit den Leistungsträgern, also mit Krankenversicherungen, Kantonen, Spitälern, und Kliniken für die nächsten vier Jahre vereinbaren.

Könnte dieser Druck nicht auch dazu führen, dass die Qualität sinkt?

Erich Ettlin: Es braucht beides: Gute Qualität senkt die Kosten, weil sie verhindert, dass man zweimal operieren oder wieder zurück ins Spital muss. Zur Qualität hat der Bund einen Vorschlag gemacht. Es braucht bessere Qualität, und dann ist es auch nicht so teuer. Das ist kein Widerspruch.

Wir sollten ein System implementieren, das nebst den anderen Kriterien eine strenge Kostenkontrolle vorsieht.
Autor: Hannes Germann Ständerat (SVP/SH)

Sie sprechen den indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats an, der Kosten- und Qualitätsziele fordert. Das klingt doch eigentlich vernünftig.

Hannes Germann: Ja, wir haben Kriterien zu Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Aktuell liegt der Fokus aber nicht auf diesen Kriterien, sondern ausschliesslich auf Kostendämpfungspaketen.

Hannes Germann

Hannes Germann

Ständerat (SVP/SH)

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Hannes Germann ist einer der amtsältesten Ständeräte überhaupt. Der Beriebsökonom politisiert seit 2002 in der Kleinen Kammer. 2013/2014 war er Ständeratspräsident.

Es gibt jede Menge Widersprüche in dieser Vorlage. Wir sollten ein System implementieren, das nebst den anderen Kriterien eine strenge Kostenkontrolle vorsieht. Aber statt ein solches System auch mal spielen zu lassen und zu schauen, ob es wirkt, stürzen wir völlig übereilt von Reform zu Reform.

Leiden Sie an Reformitis, Herr Ettlin?

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Erich Ettlin: «Nein. Ausgangslage für diese Kostendämpfungspakete war ein Bericht einer Expertengruppe, die 38 Massnahmen vorgeschlagen hatte. Der Bundesrat hat das aufgegleist. Er arbeitet nun quasi diese 38 Massnahmen ab. Es ist nicht unübersichtlich, das Gesundheitswesen ist komplex. Und noch etwas zur Kostenbremse: Wir haben ja auch eine Schuldenbremse in der Verfassung. Sie hindert das Parlament, Ausgaben zu machen, die nicht mit den Einnahmen verbunden werden können.»

Der Bundesrat schreibt in der Botschaft, dass im Gesundheitswesen verbindliche Kostenziele fehlen.

Hannes Germann: Ja, aber das Bundesamt für Gesundheit genehmigt heute bereits Tarife und der Bundesrat kann sehr wohl Einfluss nehmen, wie auch die Kantone.

Erich Ettlin: Es muss nicht sein, dass es ein Leistungsabbau ist, sondern dass man genauer hinschaut. Der Bundesrat hat recht.

Das Gespräch führte Monika Glauser.

SRF 4 News, 14.03.2023, 06:45 Uhr;

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