Für viele Haushalte in der Schweiz sind die hohen Krankenkassenprämien ein Problem. Der Ständerat diskutiert darüber, ob es im Gesundheitswesen Kostenziele geben soll. Im Gespräch mit SRF diskutieren die beiden Ständeräte Erich Ettlin und Hannes Germann über mögliche Lösungen.
SRF News: Ein Vorschlag der Mitte will, dass Bund und Kantone den Kostenanstieg an die Löhne und die Wirtschaftskraft koppeln. Wie soll das funktionieren, Herr Ettlin?
Erich Ettlin: Man sollte dort ansetzen, wo die Wurzel liegt, um die Kostensteigerung in den Griff zu bekommen. Deshalb steht im Initiativtext: Der Bund soll mit den Kantonen zusammen Lösungen suchen, weil die beiden für das Gesundheitswesen verantwortlich sind. Leistungen, die besonders hohe Kosten verursachen, aber wenig Nutzen bringen, sollen herausgenommen werden.
Hannes Germann: Der Bund hat bereits heute die Möglichkeit, bei den Kosten einzugreifen und macht das auch. Auch die Kantone machen und können das. Es gibt verschiedene Systeme wie Globalbudgets und andere Steuerungsinstrumente. Direkte Mengenbeschränkungen etwa, die mitunter auch unangenehm sind. Oder auch degressive Vergütungen und die Spitalplanung. Aber ich sage nicht, dass es da kein Potenzial mehr gäbe.
Dennoch steigen aber die Kosten regelmässig?
Hannes Germann: Sie steigen aber nicht so übermässig, wie wir das im Moment glaubhaft machen wollen. Wir hatten schon immer hohe Kosten. Und sie haben sich vor allem seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes verdreifacht. Aber auch, weil der Grundleistungskatalog kontinuierlich ausgeweitet wird. Die medizinische Entwicklung macht Fortschritte, was ich grundsätzlich positiv finde.
Es braucht beides: Gute Qualität senkt die Kosten, weil sie verhindert, dass man zweimal operieren oder wieder zurück ins Spital muss.
Erich Ettlin: Die Kosten sind, wie gesagt, dreimal so hoch wie noch 1996. Die Löhne steigen aber nicht im gleichen Mass. Die Familien spüren zunehmend diese Differenz zwischen Lohnentwicklung und Prämien. Wir alle sind froh, dass das Gesundheitswesen Fortschritte macht. Aber in allen anderen Branchen führen neue Technologien zu tieferen Kosten.
Könnte dieser Druck nicht auch dazu führen, dass die Qualität sinkt?
Erich Ettlin: Es braucht beides: Gute Qualität senkt die Kosten, weil sie verhindert, dass man zweimal operieren oder wieder zurück ins Spital muss. Zur Qualität hat der Bund einen Vorschlag gemacht. Es braucht bessere Qualität, und dann ist es auch nicht so teuer. Das ist kein Widerspruch.
Wir sollten ein System implementieren, das nebst den anderen Kriterien eine strenge Kostenkontrolle vorsieht.
Sie sprechen den indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats an, der Kosten- und Qualitätsziele fordert. Das klingt doch eigentlich vernünftig.
Hannes Germann: Ja, wir haben Kriterien zu Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Aktuell liegt der Fokus aber nicht auf diesen Kriterien, sondern ausschliesslich auf Kostendämpfungspaketen.
Es gibt jede Menge Widersprüche in dieser Vorlage. Wir sollten ein System implementieren, das nebst den anderen Kriterien eine strenge Kostenkontrolle vorsieht. Aber statt ein solches System auch mal spielen zu lassen und zu schauen, ob es wirkt, stürzen wir völlig übereilt von Reform zu Reform.
Der Bundesrat schreibt in der Botschaft, dass im Gesundheitswesen verbindliche Kostenziele fehlen.
Hannes Germann: Ja, aber das Bundesamt für Gesundheit genehmigt heute bereits Tarife und der Bundesrat kann sehr wohl Einfluss nehmen, wie auch die Kantone.
Erich Ettlin: Es muss nicht sein, dass es ein Leistungsabbau ist, sondern dass man genauer hinschaut. Der Bundesrat hat recht.
Das Gespräch führte Monika Glauser.