Über zehn Millionen Datensätze von Ausländerinnen und Ausländern sind darin enthalten. Alle Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden, die mit Migrationsfragen zu tun haben, arbeiten damit. Die Rede ist vom «Zentralen Migrationsinformationssystem» Zemis.
Doch das Zemis beruht auf einem 15 bis 20 Jahre alten Technologiestandard und muss dringend erneuert werden. Sonst drohe der Ausfall, hielt der Bundesrat vor vier Jahren gegenüber dem Parlament fest. Die Eidgenössische Finanzkontrolle sprach vor zwei Jahren gar von einem «wesentlichen Sicherheitsrisiko».
Nun schlägt die sechsköpfige Finanzdelegation von National- und Ständerat, die die Finanzen des Bundes beaufsichtigt, Alarm.
Wir verfolgen das Projekt seit längerer Zeit. Es hat sich eher eine Verschlechterung eingestellt.
Vor drei Jahren hat das zuständige Staatssekretariat für Migration (SEM) das Projekt zur Erneuerung des Zemis gestartet. Seither sei eine regelrechte Kostenexplosion zu beobachten, sagt Delegationspräsident Lars Guggisberg. Man verfolge das Projekt seit längerer Zeit und sei besorgt: «Es hat sich eher eine Verschlechterung eingestellt.»
In seiner Botschaft ans Parlament im Jahr 2021 hatte der Bundesrat beim Projekt mit Gesamtkosten von rund 66 Millionen Franken gerechnet. Mittlerweile schätzt das SEM die Kosten für die Erneuerung des Zemis auf 193 Millionen, wie die Behörde gegenüber Radio SRF bestätigt.
Es ist sehr aussergewöhnlich, dass ein Projekt sich bei den Kosten plötzlich verdreifacht.
Der Präsident der Finanzdelegation ist beunruhigt: «Es ist sehr aussergewöhnlich, dass ein Projekt sich bei den Kosten plötzlich verdreifacht. Und da müssen wir ein Auge darauf halten.» Regelmässigere Aussprachen zum Projekt mit dem Departementsvorsteher seien geplant. Justizminister Beat Jans muss sich also auf unangenehme Fragen gefasst machen.
Bei der ursprünglichen Schätzung wurden der Umfang und auch die funktionale Tiefe dieses Projekts teilweise stark unterschätzt.
SEM-Sprecher Samuel Wyss räumt ein, dass in der ersten Phase des Projekts gravierende Fehler gemacht worden seien. Bei der ursprünglichen Schätzung seien der Umfang und auch die funktionale Tiefe dieses Projekts teilweise stark unterschätzt worden.
Am Anfang war eine vollständige Neuentwicklung und dann auch eine gleichzeitige Inbetriebnahme des ganzen Projekts geplant. Doch das erwies sich nach den Worten von Wyss aufgrund der Komplexität des heute betriebenen Zemis mit den vielen in den letzten Jahren durchgeführten Erweiterungen als «zu risikobehaftet und damit auch unrealistisch».
Projekt mit neuem Personal neu aufgegleist
Das SEM hat das Projekt inzwischen völlig neu aufgegleist. Nun will es in zwei Etappen vorgehen und zuerst eine «digitalisierungsfähige Plattform» bauen, auf der dann in einem zweiten Schritt die einzelnen Projekte umgesetzt werden.
Dies geschehe zu einem grossen Teil mit neuen Verantwortlichen, sagt der SEM-Sprecher: «Einzelne Personen arbeiten mittlerweile nicht mehr für das Programm oder wurden pensioniert. Die Programmauftraggeberschaft hat gewechselt, ebenso die Programmleitung.» Der zusätzliche Aufwand werde in erster Linie durch Informatikpersonal erbracht, das man an anderen Stellen im EJPD abziehe.
Fünf Jahre Verspätung
Das SEM ist zuversichtlich, mit den getroffenen Massnahmen den Ausfall des Zemis verhindern zu können. Dennoch stuft die Finanzdelegation die Risiken beim Projekt weiterhin als «hoch» ein. Denn ursprünglich sollte die Erneuerung 2027 abgeschlossen sein.
Neu rechnet das SEM mit 2032. Das Ziel, die Zemis-Betriebskosten dank der Erneuerung um 15 bis 20 Prozent senken zu können, ist laut EJPD «nicht mehr realistisch».