Zum Inhalt springen

Der Staat in den Schlagzeilen Griff in die Spesenkasse wird nicht mehr akzeptiert

Ob bei der Armee, der Genfer Regierung oder der Hochschule St. Gallen: Häufen sich Spesenaffären? Oder wird einfach nur genauer hingeschaut?

Orgien mit Appenzeller Alpenbitter, teure Weihnachtsessen, Helikopterflüge und Golfkurse für Gattinnen von Stabsoffizieren: Die Armee liess es ihren Angestellten auf Kosten der Steuerzahler gut gehen. Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates wird sich im Januar nochmals damit befassen.

Kommissionsmitglied Werner Salzmann von der SVP sagt zu dieser und anderen Spesenaffären: «Wenn man dieses Jahr betrachtet, könnte man tatsächlich den Eindruck bekommen, dass es eine Häufung gab. Aber vielleicht sind auch vermehrt Kontrollen gemacht worden.» Kein neues Phänomen also.

Verhaltensweisen, die früher als Kavaliersdelikte durchgingen, werden heute als moralisch verwerflich eingeschätzt.
Autor: Markus Hinterleitner Politologe

Auch Politologe Markus Hinterleitner denkt, es werde genauer hingeschaut. Das habe verschiedene Gründe: «Es sind tatsächlich die sich über die Zeit verändernden gesellschaftlichen Erwartungen und Wertvorstellungen. Das hat die Folge, dass Verhaltensweisen, die früher als Kavaliersdelikte durchgingen, heute als moralisch verwerflich eingeschätzt werden.» Die Bevölkerung fordert also vermehrt, dass mit Steuergeldern haushälterisch umgegangen wird.

Das beobachtet auch Priska Seiler Graf. Die SP-Nationalrätin ist ebenfalls in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates. Sie begrüsst diese Entwicklung: «Das hat schon in vielen Bereichen gefruchtet.»

Die Leute haben einfach eine Tradition fortgeführt. Trotzdem ist diese Tradition falsch.
Autor: Priska Seiler Graf SP-Nationalrätin

Im Falle des Spesenskandals beim VBS könne man sagen: «Die Leute haben nichts falsch gemacht. Auch nicht im juristischen Sinne. Sie haben einfach eine Tradition fortgeführt. Trotzdem geht das nicht und diese Tradition ist falsch.» Bundesrat Guy Parmelin hat als Verteidigungsminister auf den Skandal reagiert und ein Spesenreglement eingeführt.

Es ist etwas anderes, ob man ein-, zweimal danebengreift, oder ob man über Jahre horrende Taxi- oder Handyspesen anhäuft.
Autor: Markus Hinterleitner Politologe

Richtig so, findet auch Hinterleitner. «Es muss innenpolitisch und gesellschaftlich diskutiert werden, was eine Lappalie ist und was ein schweres Vergehen. Aber es ist etwas anderes, ob man ein-, zweimal danebengreift, oder ob man über Jahre horrende Taxi- oder Handyspesen anhäuft.»

Der Politologe und die Nationalräte sich also einig: Die Schweiz wird nicht immer unanständiger. Sie will klarere Regeln und schaut genauer hin.

Meistgelesene Artikel