Für viele ist Wohneigentum zum unerreichbaren Luxus geworden. Mischa Folger will dies ändern. Er ist der geistige Vater der Idee «Wohneigentum auf Zeit». Der pensionierte Marketingberater verfolgt diese Idee seit über 20 Jahren. «Das Eigentum von heute ist auf dem römischen Recht aufgebaut und gilt für immer und ewig», sagt der 75-Jährige. «Eigentum auf Zeit hingegen orientiert sich an einem Lebensabschnitt und wird für eine begrenzte Dauer von 30 Jahren finanziert.»
Kaufpreis von nur einem Drittel
Weil die Besitzdauer auf 30 Jahre beschränkt sei, betrage der Kaufpreis nur rund ein Drittel eines normalen Verkaufspreises, erklärt Mischa Folger. Denn eine Immobilie habe etwa eine Lebensdauer von 100 Jahren.
Vor allem junge Familien, die sich das sonst nicht mehr leisten können, sind so in der Lage, Eigentümer zu werden.
In Baselbieter Reinach ist eine Liegenschaft im Bau, deren 21 Wohnungen nun als «Wohneigentum auf Zeit» verkauft werden. Eine 5-Zimmerwohnung kostet rund 250'000 Franken. Darum gebe es eine neue Käuferschicht. «Vor allem junge Familien, die sich das sonst nicht mehr leisten können, sind so in der Lage, Eigentümer zu werden», sagt Mischa Folger.
Das Modell sei aber auch für Leute um das Pensionsalter geeignet. Deren Lebensabschnitt daure voraussichtlich auch rund 30 Jahre, wie jener einer Familie mit Kindern.
Nach den 30 Jahren kauft der Investor die Immobilie wieder zurück. Das wird in einem separaten Vertrag geregelt, wo auch der Rückkaufpreis schon im Voraus vereinbart ist. Dieser ist deutlich tiefer als der Kaufpreis. Der Eigentümer auf Zeit profitiert so zwar nicht von einer Wertsteigerung, trägt aber auch kein Risiko bei einem Preiszerfall. Und hat eine Rückkaufsgarantie.
Die Basler Genossenschaft Wohnstadt findet «Wohneigentum auf Zeit» so gut, dass sie ihre neue Liegenschaft in Reinach über dieses Modell verkaufen will. «Einerseits können wir Wohneigentum mit tieferen Eintrittshürden anbieten und so neue Schichten ansprechen», sagt Geschäftsleiter Andreas Herbster.
Neue Nutzung möglich nach 30 Jahren
«Andererseits können wir als Investor in 30 Jahren neu über die Liegenschaft nachdenken, weil sie die künftigen Generationen womöglich anders brauchen. Vielleicht muss man dann nachverdichten, das Haus aufstocken oder was auch immer.» Das sei bei einer Liegenschaft mit normalem Stockwerkseigentum fast unmöglich.
«Wohneigentum auf Zeit» wurde erst einmal umgesetzt: 2004 in Bern, nach der Renovation eines Hochhauses. Damals wurden 40 Wohnungen für 30 Jahre verkauft. Eine 3-Zimmerwohnung kostete 74'000 Franken. Dazu kommen während der ganzen Zeit monatliche Gebühren, die es dann auch in Reinach geben werde. Insgesamt sei das Modell aber immer noch günstiger als Miete, so Mischa Folger.
Banken sind skeptisch
Nachteile gibt es aber auch. Die Banken etwa zeigen bislang wenig Interesse. Für diese sei es ein Risiko, sagt Yvonne Seiler Zimmermann, Finanzprofessorin der Hochschule Luzern: «Es wird eine neue Kundschaft angesprochen, die weniger zahlungskräftig ist. Zudem gibt es einen Mehraufwand, da vieles neu ist, bei gleichzeitig weniger Volumen, da die Kaufpreise tiefer sind.»
Sie ist trotzdem überzeugt: Die Vorteile würden die Nachteile überwiegen. Das finden auch Mischa Folger und Andreas Herbster. Sie haben mittlerweile auch Banken gefunden, die bereit sind, beim Projekt «Wohneigentum auf Zeit» in Reinach mitzumachen.