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Digitalstudie 2025 Viele machen sich Sorgen wegen der sozialen Medien

Es werden Desinformation und Manipulation befürchtet – das bedrohe den gesellschaftlichen Zusammenhalt, so eine Umfrage.

Darum geht es: Zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung sorgen sich im Zusammenhang mit der Digitalisierung um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das geht aus dem diesjährigen «Mobiliar Digitalbarometer» hervor. Demnach werden insbesondere Manipulation und Desinformation als Risiko wahrgenommen. Acht von zehn befragten Personen gaben an, darin eine Gefahr zu sehen. Ausserdem sorgt sich rund die Hälfte der Befragten um fehlenden sozialen Austausch und zunehmende Polarisierung.

Die sozialen Medien haben viel weitreichendere gesellschaftliche Wirkungen als die Games.
Autor: Reto Widmer SRF-Digitalredaktor

Der Zwiespalt: Kritisch sehen die Befragten des «Mobiliar Digitalbarometers» die sozialen Medien wie Instagram, X oder Tiktok. 39 Prozent nehmen sie als belastend wahr, nur 31 Prozent als förderlich. Entsprechend gross ist der Wunsch nach digitaler Balance: Jeweils acht von zehn Personen befürworten deshalb entsprechende Massnahmen an Schulen – also beispielsweise ein Handyverbot – und gezielte Offlineräume.

Was ist bloss aus den sozialen Medien geworden?

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Nahaufnahme des Facebook-App-Icons auf einem Bildschirm.
Legende: Reuters/Thomas White

Einschätzung von SRF-Digitalredaktor Reto Widmer: Als sich Facebook Ende der 2000er-Jahre so richtig durchgesetzt hatte, wurden die sozialen Medien gefeiert: Jetzt könne man sich mit Menschen auf der ganzen Welt verbinden, unterhalten und austauschen. Und zunächst war Facebook tatsächlich vor allem eine Möglichkeit, auf einfache Weise mit Bekannten und Freunden in Kontakt zu bleiben. Im persönlichen Newsfeed erschienen fast nur Inhalte aus diesem Personenkreis.

Doch dann begann Facebook, Werbung in die Timeline einzustreuen und damit Geld zu verdienen. Ausserdem merkte man beim Konzern, dass die Leute länger auf Facebook verweilen, wenn Inhalte polarisieren – was mehr Einnahmen durch Werbung bedeutet. Und so wurde der Algorithmus umgestellt: Immer weniger Inhalte aus dem eigenen Bekanntenkreis, dafür Inhalte, die der Algorithmus einstreute – optimiert auf Verweildauer und Werbung.

Heute gibt es in neueren Plattformen den privaten Bekanntenkreis fast gar nicht mehr. So setzt etwa Tiktok ausschliesslich auf algorithmische Inhalte. Deshalb müsste man hier statt von «sozialen Medien» eher von «algorithmengetriebenen Medien» sprechen.

Die Chancen: In der Digitalisierung werden auch Chancen gesehen. Dazu gehören etwa eine modernere, transparentere Verwaltung (76 Prozent der Befragten sehen dies positiv) und neue Bildungszugänge (65 Prozent). Die Hälfte der Befragten sieht in der Digitalisierung zudem Potenzial für lokales Engagement. Auch im Zusammenhang mit der mentalen Gesundheit bewertet die Schweizer Bevölkerung digitale Anwendungen mehrheitlich als förderlich. Jeweils rund zwei Drittel erachten Organisations- und Lern-Apps, Gesundheits-Apps sowie Messenger-Apps als positiv für ihr Wohlbefinden.

Jährlich erhobenes Digitalbarometer

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Frau mit VR-Headset und erhobenen Händen.
Legende: digitalbarometer

Das «Mobiliar Digitalbarometer» wird seit 2019 jährlich von der Stiftung Risiko-Dialog erarbeitet und von der Mobiliar Genossenschaft finanziell unterstützt. Es handelt sich dabei um eine repräsentative Studie mit Analysen zu verschiedenen Bereichen der Digitalisierung.

Die Überraschung: Knapp die Hälfte der Befragten nimmt überraschend positiv auch Computerspiele, also Games, wahr. Die Games verlieren offenbar zunehmend ihren früher schlechten Ruf. Und so gibt ein Drittel der Befragten an, mindestens einmal pro Tag ein Game zu spielen. Die Hälfte der Spielenden sagen ausserdem, dies habe einen positiven Einfluss auf ihr Wohlbefinden. Damit hat sich das Image der Games stark ins Positive gekehrt, nachdem sie in den letzten zwei Jahrzehnten oftmals für Gewalt bis hin zu Amokläufen mitverantwortlich gemacht wurden.

Es scheint, dass jedes Jahrzehnt einen Sündenbock im Technologiebereich braucht.
Autor: Reto Widmer SRF-Digitalredaktor

Das sagt SRF-Digitalredaktor Reto Widmer: «Es scheint, dass jede Generation oder jedes Jahrzehnt einen eigenen Sündenbock im Technologiebereich braucht für all die diffusen und bedrohlichen Dinge, die in der Welt passieren. Derzeit sind es die sozialen Medien – und ich denke, das ist gerechtfertigter als früher die Games. Denn die sozialen Medien haben viel weitreichendere gesellschaftliche Wirkungen als die Games».

SRF 4 News aktuell, 22.5.2025, 10:40 Uhr ; 

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