Die Aktion dürfte manch einen Kunden überzeugt haben: Grossverteiler Coop hat kürzlich Rinds-Entrecôte für 4.50 Franken pro 100 Gramm verkauft. Oder 100 Gramm Lamm-Nierstück für nicht einmal vier Franken. Das Fleisch stammte aus Uruguay, Australien, Neuseeland und England – importiert per Luftfracht.
«Kunde kann frei entscheiden»
Coop importiert also edle Fleischstücke per Flugzeug und verschleudert sie dann hier zu Aktionspreisen. Dabei betont der Detailhändler doch immer wieder, wie sehr ihm Nachhaltigkeit und Ökologie am Herzen liege.
Gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» argumentiert das Unternehmen mit dem Kundenbedürfnis: «Als Vollsortimenter bieten wir eine grosse Vielfalt an Produkten an. So können unsere Kunden frei entscheiden, welche Produkte am besten ihren Bedürfnissen entsprechen.» Zudem werde der CO2-Ausstoss aller Flugtransporte von Produkten «mit hochwertigen Kompensationsprojekten» kompensiert.
Der Bericht von «Espresso» gab in den Online-Kommentaren zu reden. Eine Auswahl:
- «Die Haltung von Coop finde ich eigentlich richtig. Es ist nicht Aufgabe eines Grossverteilers, die Kaufentscheidungen der Konsumenten über eine Einschränkung des Angebots zu steuern und ausländisches Entrecôte gar nicht mehr anzubieten.»
- «Es stimmt nicht, dass die Kundschaft das will. Wenn die edelsten und stark nachgefragten Fleischstücke zum halben Preis auf den Markt geworfen werden, dann schafft man damit erst die Nachfrage.»
- «Also ich freue mich über günstige Preise.»
- «Statt mit fragwürdigen CO2-Kompensationen das eigene Gewissen zu beruhigen, könnte dem Konsumenten auch begreiflich gemacht werden, dass nicht immer alles zu jeder Zeit erhältlich sein kann.»
- «Wie so oft: Der Kunde hat (hätte) es in der Hand.»
Was ist «besser»: Flugzeug oder Schiff?
Die Diskussion in den Online-Kommentaren drehte sich aber auch um die Frage, ob der Import per Schiff in Bezug auf die Klimabilanz nicht noch schädlicher wäre: «Mit Frachtschiffen, die mit Schweröl betrieben werden, wäre der ökologische Schaden noch um ein Vielfaches höher», stellte etwa ein User fest.
Eine umfassende Untersuchung zur Ökobilanz von Fleisch hat das landwirtschaftliche Forschungs-Institut Agroscope im Jahr 2012 gemacht. Fazit: «Bei importiertem Fleisch spielten die Transportwege nur eine relativ geringe Rolle. Eine Ausnahme bilden Flugtransporte», hier seien die negativen Auswirkungen auf die Umwelt deutlich höher.
Sabine Lerch von der Stiftung Biovision bestätigt: «Wenn man schon etwas aus Übersee transportieren muss, ist das Schiff die umweltfreundlichere Wahl.» Das hänge mit der riesigen Menge zusammen, die ein solches Schiff transportieren könne: «Dadurch minimiert sich die Belastung pro Produkt.» Allerdings: «Wir empfehlen, ganz auf Importfleisch zu verzichten – auch im Restaurant.» Dem Argument, dass so die Nachfrage nicht mehr gedeckt werden könnte, hält die Expertin für nachhaltigen Konsum entgegen: «Wir sollten unseren Fleischkonsum sowieso um einen Drittel oder die Hälfte reduzieren.»