SRF News: Wie heikel ist es, wenn eine ehemalige Verkehrsministerin beim Eisenbahnbauer Stadler Rail Verwaltungsrätin wird?
Nathalie Christen: Das wird politisch tatsächlich seit Jahren kontrovers diskutiert. Schon Moritz Leuenberger sorgte vielerorts für Empörung, als er nach seinem Ausscheiden als Verkehrsminister ein Verwaltungsratsmandat bei einem Baukonzern annahm. Kritische Stimmen sehen die Gefahr, dass Bundesratsmitglieder noch während ihrer Amtszeit Entscheide zugunsten künftiger Arbeitgeber fällen könnten. Oder dass dieser Anschein bestehen könnte, was dem Ansehen der Regierung schaden würde. Argumentiert wird auch, die betroffenen Unternehmen hätten einen Wettbewerbsvorteil mit einem ehemaligen Regierungsmitglied an Bord. Darum wird seit langem darüber gestritten, ob es mindestens eine Art Anstandsfrist braucht, die ein ehemaliges Bundesratsmitglied abwarten muss, bevor es ein bezahltes Mandat annimmt.
Gibt es eine Wartefrist?
Nein, das Parlament hat mehrere Versuche in diese Richtung scheitern lassen. So verlief ein Vorstoss für eine zweijährige Wartezeit im Sand. Und erst gerade im Herbst hat der Ständerat auch Nein gesagt zu einem Vorschlag, den der Nationalrat unterstützte: Demnach hätte eine «vernünftige Zeit» verstreichen müssen, bevor ein Bundesratsmitglied in einem Unternehmen ein bezahltes Mandat hätte annehmen dürfen. Was «vernünftig» ist, wäre damit aber immer noch nicht definiert gewesen.
Warum scheitern solche Regelungen?
Einerseits gibt es nicht so viele umstrittene Fälle, da findet es eine Mehrheit unnötig, extra eine neue Regelung ins Gesetz zu schreiben. Immerhin heisst es schon heute im Bundesrats-Handbuch, ehemalige Regierungsmitglieder sollten auf eine Tätigkeit, bei der Interessenskonflikte aufgrund des früheren Amtes entstehen können, verzichten. Dazu finden aber auch viele, es sei nicht schädlich, sondern wertvoll, wenn Wirtschaft und Gesellschaft von der Erfahrung ehemaliger Bundesrätinnen und Bundesräte profitieren können. Und nicht zuletzt spielt auch der Gedanke mit, dass jüngere ehemalige Bundesratsmitglieder möglichst bald wieder ins Erwerbsleben einsteigen sollen – das entlastet auch die Bundeskasse. Ab einem gewissen Einkommen sinken nämlich die Leistungen, die der Bund ihnen bezahlt.