Statt mit Stift und Unterschriftenbögen künftig im Netz und auf der Strasse digital Unterschriften sammeln: Der Wunsch nach Pilotversuchen mit E-Collecting kommt aus sechs von sieben Bundeshaus-Fraktionen.
Das bisherige System hat Schwächen – wir müssen es besser machen.
Nationalrat Gerhard Andrey von der Grünen Partei etwa spricht von einem politischen Momentum. «Die Fälschungsskandale haben gezeigt, dass das System Schwächen hat und wir es besser machen müssen.»
Für Andrey ist die Sicherheit ein wichtiges Argument fürs E-Collecting. Er stellt sich das Sammeln auf der Strasse so vor: Mit einer klaren digitalen Identifizierung – etwa mithilfe des persönlichen Smartphones – entfallen die Angaben zu Wohnort und Person auf den Unterschriftenbögen. Und so sind auch Tricksereien nicht mehr möglich.
SVP als einzige Fraktion gegen E-Collecting
In diesen Pro-E-Collecting-Chor will die grösste Fraktion im Bundeshaus nicht einstimmen. Für die SVP habe das Auffliegen des mutmasslichen Unterschriftbetrugs eben gerade gezeigt, dass die Kontrollen im aktuellen System funktionierten, sagt Nationalrat Benjamin Fischer. Deshalb gebe es keinen Handlungsbedarf und deshalb brauche es «keine teuren Pilotversuche».
Eine Initiative zu unterschreiben sollte mehr als ein Klick sein.
Für Fischer sticht auch das Sicherheitsargument nicht: Betrug sei im virtuellen Raum einfacher als auf der Strasse. Ohnehin möchte er nicht darauf verzichten, draussen Unterstützung für politische Anliegen zu gewinnen. «Eine Initiative oder ein Referendum zu unterschreiben sollte mehr als ein Klick sein», sagt Fischer. Und auch der Austausch und das Gespräch mit der Bevölkerung auf der Strasse sei wichtig.
Möglichst viele Menschen mitnehmen
Für Daniela Ramp – sie ist Co-Autorin des Digital-Barometers von der Stiftung Risiko-Dialog – ist klar, dass die Schweiz bereit ist für das E-Collecting.
Die Bevölkerung sehe in digitalen Anwendungen der Behörden mehrheitlich eine Chance. Doch sie weiss auch, dass nicht alle damit umgehen können. «Jeder dritten Person in der Schweiz fehlen digitale Grundkompetenzen.»
Mit dem E-Collecting wird bloss ein weiterer Kanal zum Unterschreiben eröffnet.
Es sei deshalb sehr wichtig, das E-Collecting so zu gestalten, dass möglichst keine Personen davon ausgeschlossen werden.
Unterschreiben per Stift weiterhin möglich
Digitales und analoges Unterschriftensammeln schliessen sich allerdings nicht aus, ergänzt Daniel Graf von der Stiftung für direkte Demokratie. Es solle weiterhin die Möglichkeit bestehen, wie bis anhin mit einem Stift selber zu unterschreiben. «Mit dem E-Collecting wird bloss ein weiterer Kanal eröffnet, der für die Zukunft der direkten Demokratie sehr wichtig werden könnte.»
Auch der Bundesrat möchte den Weg über zeitlich befristete Pilotversuche gehen und praktische Erfahrungen mit E-Collecting sammeln. Jüngst hat er den Rahmen dafür vorgegeben, so sollen die Versuche im Einvernehmen mit Kantonen und Gemeinden erfolgen und wissenschaftlich begleitet werden.
Die Details lässt der Bundesrat aber noch offen. Klar ist jedoch, dass die Landesregierung so die digitale Teilhabe der Stimmberechtigten stärken und Missbräuche beim Unterschriftensammeln möglichst ausschliessen will.