Seit 1945 sendet die SRG tagtäglich die Sendung «Echo der Zeit». Einige Themen haben auch nach gut 80 Jahren nicht an Aktualität eingebüsst, bei anderen hat der Wind gedreht. Drei Beispiele, wie sich die Berichterstattung im «Echo der Zeit» verändert hat.
Die Schweiz und die Europafrage
Das «Echo der Zeit» gibt es – grob gesagt – seit Ende des Zweiten Weltkriegs, ebenso lang wie das europäische Einigungsprojekt, das in den 1990er Jahren in der EU mündete. Die Sendung ist damit etwa so alt wie die Schweizer Europadebatte.
Schon 1948 bezeichnete das «Echo» die Diskussion um den Schweizer Beitritt zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung als «sehr kompliziert». Aber: Die Schweiz sagte Ja zum europäischen Wirtschaftsrat, dem OEEC (heute: OECD).
Zwei Jahre später wurde die Montan-Union (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) beschlossen. Die Schweiz wollte nicht mittun. Trotzdem: Die Eröffnungsrede einer Aussenminister-Konferenz der Mitglieder, war – heute kaum denkbar – im Originalton zu hören.
Und die Kritik des freisinnigen Nationalrats und NZZ-Chefredaktors Willy Bretscher an der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) kommt inhaltlich auch jungen Ohren vertraut vor: Bei einem Beitritt drohten die Aufgabe von Souveränität, Neutralität, Föderalismus und direkter Demokratie, sagte Bretscher 1960. Die Europadebatte hat manchmal ein Echo.
Das «Echo der Zeit» blickt ins Archiv
Naturschutz als ehemals bürgerliches Anliegen
Die Verhinderung eines Wasserkraftwerkes galt nach dem Zweiten Weltkrieg nicht als «linkes Werk». Bürgerliche Kreise riefen auf zur Rettung des Silsersees. Der Bundesrat gab 25 Tonnen damals noch rationierte Schokolade frei und im «Echo der Zeit» lief ein Lied, das aufrief zum Kauf der ersten Schoggitaler: «D Fründ vom schöne Silsersee händ en Aktionsidee: Taler chauffe!»
Das «Echo»-Archiv bietet weitere Einblicke, die aus heutiger Sicht erstaunen mögen: Die Schweiz galt 1987 noch als Vorreiterin in Sachen Umweltschutz. Der damalige CVP-Bundesrat Flavio Cotti sagte im Radio, dass die Schweiz den anderen Ländern zwar nichts vorzuschreiben habe, aber er freue sich, dass nun auch Deutschland und Österreich die Ziele der Schweiz in Sachen Schadstoffreduktion für Lastwagen übernähmen. Heutzutage gibt die EU den Takt vor, was Abgasnormen angeht und auch bei vielen andern Umweltthemen scheint es so, dass die Schweizer jeweils zwei Schritte hinterherhinkt.
Frauen drängen in die Politik – aber können sie das auch?
1946 stellt sich im Zürcher Kantonsrat eine Pfarrfrau gegen das Frauenstimmrecht und stellt sogleich klar: «Eigentlich geht es mir wider meine Natur als Frau, hier gleichsam als politische Rednerin aufzutreten.» Teile der Reden werden im «Echo der Zeit» ausgestrahlt. Damals war man sich noch alles andere als sicher, ob Frauen für die politische Arbeit wirklich geeignet sind.
Auch Jahre später bleibt die Frage, wie denn eine Frau zu sein hat, wenn sie politische Macht will, Teil der öffentlichen Diskussion. Der Charakter der ersten Bundesratskandidatin, Lilian Uchtenhagen, wird in der Öffentlichkeit diskutiert. 1983 nimmt sie im «Echo» zu den Vorwürfen Stellung, die ihr der Moderator zusammenfasst: «Sie kennen die Einwände: unbeherrschte Reaktionsweise, man stellt Ihre psychische Belastbarkeit infrage, es heisst, Sie seien unnahbar, intellektuell überheblich.»
Inzwischen wurden einige Bundesrätinnen gewählt. Doch die Frage nach der Vertretung von Frauen in der Politik bleibt bis heute Gegenstand intensiver Debatten.