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Einsatz von Reservekraftwerken «Flexibilität bei Stromquellen sorgt für mehr Sicherheit»

Der Bund will vorwärtsmachen im Kampf gegen den drohenden Strommangel. Gas- und Ölkraftwerke sollen die Lücke schliessen und ab Februar oder März 2023 den Betrieb aufnehmen. Diese Kraftwerke sollen Strom im Volumen von rund 80 Prozent des inzwischen stillgelegten AKW Mühleberg liefern. Alexander Fuchs von der Forschungsstelle Energienetze der ETH ist zuversichtlich.

Alexander Fuchs

Energienetzexperte

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Alexander Fuchs ist Experte für Stromnetzsimulation und Beratungsingenieur an der Forschungsstelle Energienetze (FEN) der ETH Zürich. Seine Arbeit umfasst Anwendungen von Optimierung, Simulation und geometrischen Ansätzen für Planung und sicheren Betrieb von Energienetzen.

SRF News: Reichen die am Mittwoch vom Bundesrat getroffenen Massnahmen gegen eine Stromlücke?

Alexander Fuchs: Es unterstützt auf jeden Fall den Weg. Aber es gibt sehr viele Unsicherheiten. Wenn alle Kernkraftwerke abgestellt sind und alle Speicherseen leer den ganzen Winter über, dann reicht das natürlich nicht. Es gibt Tage, da braucht man mehrere 1000 Megawatt an inländischer Produktion, aus Netzsicherheitsgründen.

Die Idee ist explizit, dass diese Kraftwerke nicht das ganze Jahr hindurch laufen.

Aber wir haben ja nicht nur das alleine. Es ist die Flexibilität, die die Sicherheit unterstützt und auch eine Diversifikation darstellt, wodurch die Wasserkraft, die aktuell noch den Hauptteil der inländischen Produktion darstellt, in der Schweiz entlastet werden kann.

Diese Reservekraftwerke werden mit Öl oder Gas betrieben. Wird jetzt der Aspekt der Stromsicherheit über den Aspekt der Umwelt gestellt?

Natürlich haben diese fossilen Brennstoffe, die dann dort zum Einsatz kommen, eine schlechtere CO₂-Bilanz und scheinen dann erst einmal auch den Zielen der Energiestrategie entgegenzuwirken. Die Idee ist jetzt aber hier explizit, dass diese nicht das ganze Jahr hindurch als Energiequelle laufen, sondern dass sie in kritischen Stunden zum Einsatz kommen.

Und wenn man am Vortag absehen kann, dass es am nächsten Tag mehr inländische Produktion braucht, als über andere Quellen beschafft werden kann am Markt, dann kommen diese in einzelnen Stunden zum Einsatz. Und damit wird es diesen schlechteren Umwelteinfluss nicht das ganze Jahr über geben.

Man muss ja auch das Öl und das Gas kaufen. Dann noch die CO₂-Zertifikate. Wird das nicht alles sehr teuer?

Das muss natürlich bezahlt werden. Es entstehen dadurch Kosten. Hier handelt es sich ja um eine Art Systemdienstleistung, wie sie auch heute schon über die Netztarife Teil unserer Stromkosten sind.

Es ist aber mit einem graduellen Anstieg eines Teils der Netzkosten zu rechnen.

Und es ist auch bei der Erstellung der Kraftwerke und dann auch beim Betrieb mit Kosten zu rechnen, die entweder über diese Netzkosten-Strompreise oder durch Steuern gedeckt werden müssen. Es ist aber mit einem graduellen Anstieg eines Teils der Netzkosten zu rechnen, also nicht mit so einem Preisschock, wie er jetzt schon durch den Anstieg der Gas- und Ölpreise auf die Endverbraucher zukommt.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

HeuteMorgen, 18.08.2022, 07:00 Uhr ; 

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