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Strom-Mangellage Geht uns wegen des Föderalismus das Licht aus?

Bund und Kantonen planen derzeit für eine Strommangellage. Forderungen nach einer zentralen Koordination werden laut.

Die Gefahr ist real, dass der Strom in der Schweiz knapp wird. Ausfälle von französischen Kernkraftwerken, knappes Erdgas sowie tiefe Wasserstände in Speicherseen erfordern deshalb nun Notfallpläne. In erster Linie will der Bund in einer Mangellage Stromsparmassnahmen verordnen. Reicht dies etwa im Spätwinter nicht aus, müsste der Strom bezirksweise abgeschaltet werden.

Wo wird dann das Licht ausgehen? Und kann Strom für kritische Infrastruktur garantiert werden? Die Kantone betrachten diese Fragen derzeit im Detail. Einzelne Gebäude können von Abschaltungen technisch kaum verschont werden, bestätigen verschiedene Experten. In Führungsstäben und mit Notfallplänen versuchen die Kantone deshalb, die Folgen eines allfälligen Blackouts abzufedern.

Wichtig ist, dass die Gesellschaft und der Staat weiter funktionieren können.
Autor: Patrick Reiniger Präsident Führungsstab Baselland

«Wichtig ist, dass die Gesellschaft und der Staat weiter funktionieren können», sagt Patrick Reiniger, Präsident des Führungsstabs Baselland. Der Kanton eruierte, welche Betriebe über Notstromaggregate verfügen und wo ein Blackout wie schwer wiegen würde. Der Kanton versucht jetzt, die gravierendsten Versorgungslücken zu schliessen.

Dass in der Krise alle Pfeiler des öffentlichen Lebens aufrechterhalten werden können, bezweifelt etwa Konrad Amman vom Energieversorger Primeo. Die Kantone bereiten sich überdies vor, die Bevölkerung zu sensibilisieren. Graubünden hat heute kommuniziert, dass sich Haushalte auf bis zu vier Stunden ohne Strom vorbereiten müssen.

Nationaler Führungsstab gefordert

Die Hauptverantwortung für eine Mangellage obliegt dem Bund, wo sich beispielsweise die nationale Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen auf die Stabilisierung des Stromnetzes vorbereitet. Daneben bereiten sich aber zahlreiche andere Bundesstellen auf den Notfall in ihrem Zuständigkeitsbereich vor.

Der Präsident der kantonalen Energiedirektorenkonferenz, Mario Cavigelli, fordert einen departementübergreifenden Führungsstab auf Bundesebene. Dieser soll landesweit die Notfallplanung überblicken und im Ernstfall das Krisenmanagement koordinieren.

Im Notfall ist es nicht bloss eine Energiekrise, sondern betrifft auch andere Bereiche des öffentlichen Lebens.
Autor: Mario Cavigelli Regierungsrat Graubünden

Wenn der Strom fehlt, fallen beispielsweise Überwachungskameras aus. Stromausfälle würden neben dem Gesundheitswesen so auch die Sicherheit betreffen, was sektorübergreifendes Handeln erfordere, sagt Cavigelli, der auch Bündner Regierungsrat ist: «Im Notfall ist es nicht bloss eine Energiekrise, sondern betrifft auch andere Bereiche des öffentlichen Lebens.» Zudem sei es wichtig, dass nun die Kommunikation zwischen den staatlichen Ebenen und der Energiewirtschaft verbessert würde.

Mit Blick auf die Corona-Pandemie schrieb die eidgenössische Geschäftsprüfungskommission im Frühjahr, dass der Bund die Krisenorganisation unbefriedigend koordinierte. Auch wenn die Pandemie grundsätzlich gut bewältigt worden sei.

Kantonsvertreter Cavigelli lässt heute durchblicken, dass jetzt entsprechende Lehren zu ziehen seien. Auch für eine allfällige Energiekrise sei schweizweit genügend Wissen vorhanden. Alle Ressourcen müssten jetzt allerdings gänzlich apolitisch von einer zentralen Stelle koordiniert werden.

 

10vor10, 17. 08.2022, 21.50 Uhr

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