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Energiegesetz Auch Nationalrat stimmt Kompromiss bei Verbandsbeschwerderecht zu

Der Beschleunigungserlass zum Ausbau der einheimischen Energieproduktion ist auf der Zielgeraden. Nach langem Hin und Her hat sich das Parlament auf eine Lösung einigen können: Das Verbandsbeschwerderecht wird nicht grundsätzlich eingeschränkt, sondern nur punktuell.

Oberhalb von Zermatt soll dereinst ein neuer Stausee entstehen, ebenso im Sustengebiet im Berner Oberland. Das sind zwei von insgesamt 16 Projekten, die aktuell zur Diskussion stehen, um in den Schweizer Bergen mehr Strom zu produzieren. Ursprünglich wollte der Ständerat das Verbandsbeschwerderecht für diese 16 Projekte aufheben, ist damit aber aufgelaufen.

Nun haben sich die Räte auf einen Kompromiss geeinigt. Verbände können mit ihren Beschwerden nicht mehr bis vors Bundesgericht gelangen, sondern nur noch bis vors höchste Gericht im jeweiligen Kanton. Der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark sieht darin einen Fortschritt: «Damit erreichen wir den Titel der Vorlage, nämlich eine Beschleunigung. Wir erreichen eine Beschleunigung von Wasserkraftprojekten von drei bis fünf Jahren, ohne die grundsätzlichen Beschwerderechte anzutasten.»

Konstruktive Lösung oder Hauruckaktion?

Diese Lösung bedeutet nicht nur für die Verbände, sondern auch für die Initianten von neuen Stauseen, dass die kantonalen Gerichte die letzte Instanz sind, die sie allenfalls anrufen können.

Einzelne Energieversorger sehen darin eine Verschlechterung gegenüber der heutigen Situation. Auch die SP und die Grünen sind von der gefundenen Lösung nicht restlos überzeugt. Das Verbandsbeschwerderecht werde unnötigerweise eingeschränkt, enervierte sich beispielsweise der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult. «Falls der Ausbau stocken sollte, hier und heute, dann nicht wegen der Verbände, nicht wegen der Beschwerden, sondern aus technischen oder aus wirtschaftlichen Gründen», so Pult.

«Bau der Stauseen hängt nicht nur vom Verbandsbeschwerderecht ab»

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Die nun vorliegende Einschränkung beim Verbandsbeschwerderecht gilt für 16 Wasserkraftprojekte. Das sind Projekte, die vor einigen Jahren an einem runden Tisch zwischen den Stromkonzernen und den Umweltorganisationen ausgehandelt wurden. Und es sind auch die Projekte, die Teil des Energiegesetzes sind, das im letzten Jahr vom Volk angenommen wurde. Darüber hinaus hat diese Einschränkung keine rechtliche Wirkung.

Die grosse Frage ist, ob die jetzige Lösung zukünftig auch als Vorlage für andere Gesetze dient, wenn es um den Ausbau von Infrastruktur oder anderen Vorhaben geht.

Ebenfalls offen ist, bei wie vielen dieser 16 Projekte die neue Bestimmung zur Anwendung kommen wird. Noch liegt gar nirgends ein Baugesuch vor. Die meisten Projekte sind eine Skizze auf Papier. Zudem dürften auch einige Projekte aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zustandekommen. Beispielsweise hat der Stromversorger BKW bei seinem Projekt im Sustengebiet nicht vorwärtsgemacht, weil das Projekt sich nicht gerechnet hat. Daran sieht man: Wie viele Stauseen effektiv gebaut werden, hängt nicht nur vom Verbandsbeschwerderecht ab.

Einschätzungen von SRF-Wirtschaftsredaktor Matthias Heim

Kritik gab es in der grossen Kammer nicht nur für die gefundene Lösung, sondern auch für die Art und Weise, wie sie zustande kam. So hat der Ständerat den Vorschlag sehr kurzfristig ins Spiel gebracht, erst vergangene Woche. Die einen sehen ihn als konstruktiven Versuch, um das Gesetz vor dem Schiffbruch zu bewahren. Für andere war es eine Hauruckaktion.

Letzten Endes aber hat der Nationalrat der Lösung deutlich zugestimmt, mit 130 Ja gegen 1 Stimme bei 61 Enthaltungen. Aufgrund der Voten im Rat deutet, Stand heute, auch nichts darauf hin, dass gegen das nun vorliegende Gesetz das Referendum ergriffen würde.

Rendez-vous, 23.09.2025, 12:30 Uhr

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