Die alt Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold engagiert sich für die Volksinitiative für Individualbesteuerung von Verheirateten, die am internationalen Frauentag lanciert wurde. Die Initiative fordert, dass Frauen und Männer unabhängig von ihrem Zivilstand besteuert werden. Das sei ihr schon lange ein Anliegen, so Metzler im Interview.
SRF News: Frau Metzler, Sie feiern so zusagen Ihr politisches Comeback. Warum haben Sie entschieden, sich wieder politisch zu engagieren?
Ruth Metzler: Als ein politisches Comeback würde ich das jetzt nicht bezeichnen. Aber es ist ein Thema, das mich schon im letzten Jahrtausend beschäftigt hat. Als die FDP-Frauen diese Initiative gestartet und mich angefragt haben, ob ich mich im Initiativkomitee engagieren würde, habe ich mir das überlegt und musste sagen, das ist etwas, das mit einem Anliegen übereinstimmt, das ich schon vor über 20 Jahren hatte.
Es geht auch um die Förderung der Gleichstellung. Warum hilft diese Initiative der Individualbesteuerung der Gleichstellung der Frauen?
Die Individualbesteuerung besteuert alle Leute individuell, unabhängig vom Zivilstand, und das hilft auch, die heutige Heiratsstrafe, die vor allem Doppelverdiener-Ehepaare spüren, abzuschaffen. Die heutige Situation hilft überhaupt nicht, dass Teilzeit arbeitende Frauen sich überlegen, zu einem höheren Prozentsatz oder Vollzeit zu arbeiten, weil sie – wenn man mehr arbeitet und dann die Kinderbetreuung organisiert – exponentiell mehr Steuern zahlen auf dieses zweite Einkommen.
Mit der Individualbesteuerung schafft man positive Anreize, dass Frauen in einer höheren Teilzeit oder sogar Vollzeit arbeiten.
Das ist ein negativer Anreiz – und mit der Individualbesteuerung kann man das umkehren. Dann hat man eine Situation, wo man die Rollenverteilung von der Betreuungs- und Hausarbeit als Paar auf einer ganz anderen Ausgangslage besprechen kann. Und man hat positive Anreize, dass Frauen in einer höheren Teilzeit oder sogar Vollzeit arbeiten werden.
Sie haben die CVP erwähnt, die Heiratsstrafe. Aber genau die CVP ist ja die Partei, die am vehementesten gegen ein solches Modell der Individualbesteuerung kämpft. Sie fallen Ihrer Partei damit ein bisschen in den Rücken.
Ich engagiere mich für diese Individualbesteuerung. Ich war auch für die Initiative der CVP. Ich war überhaupt nicht glücklich, als diese abgelehnt wurde – obwohl ich unglücklich war über die Wortwahl, die die Initiative hatte. Nun geht wieder etwas, um die steuerliche Heiratsstrafe abzuschaffen.
Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, um noch einen Schritt in Richtung Gleichstellung und Unabhängigkeit der Frau zu machen. In der CVP bleibt immer noch das Thema der Renten. Denn diese Geschichte, die auch in der CVP-Initiative drin gewesen ist, ist nicht gelöst.
Aber «Die Mitte», wie sie heute heissen, setzt sich immer noch klar für ein traditionelles Ehepaar-Besteuerungsmodell ein, weil dies tendenziell dem traditionellen Familienmodell steuerlich mehr nützt. Hat «Die Mitte» ein veraltetes Familienmodell?
Wenn man möchte, dass Frauen – vor allem auch gut ausgebildete Frauen – sich zu einem höheren Prozentsatz in den Arbeitsmarkt integrieren als heute, dann ist die Individualbesteuerung ganz klar fairer.
Ich helfe mit, den politischen Druck aufrechtzuerhalten, damit endlich etwas geht.
Sie setzen sich für die Gleichstellung der Frau ein. Inwiefern hat Ihre politische Biografie mit der Abwahl einen Einfluss gehabt, dass das jetzt für Sie ein Thema ist?
Diese Situation würde ich nicht heranziehen, um eine Begründung zu suchen für mein jetziges Engagement. Ich bin bekannt dafür, dass ich mich in der Wirtschaft und besonders in jenen Unternehmungen, wo ich als Verwaltungsrätin engagiert bin, für Gleichstellung und mehr Frauen in Führungspositionen einsetze. Da hört man mich.
Etwas in meiner Biografie herbeischreiben zu wollen, um das zu begründen, das wäre zu weit gesucht. Es ist wirklich die Thematik der Individualbesteuerung, die Thematik der Doppelverdiener, wo vor allem Frauen eben das zweite Einkommen haben, wo ich finde: Jetzt ist endgültig genug. Und ich helfe mit, den politischen Druck aufrechtzuerhalten, damit endlich etwas geht.
Das Gespräch führte Gion-Duri Vincenz.