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Ergänzende Therapie geglückt Implantat in der Wirbelsäule hilft gegen Parkinson

Der erste Patient weltweit profitiert vom Versuch am Unispital Lausanne. Allen wird die Therapie nicht helfen können.

Rund 15'000 Menschen leiden in der Schweiz an der Nervenkrankheit Parkinson. Es gibt Therapien von Medikamenten bis zu tiefer Hirnstimulation, aber sie alle helfen nur begrenzt. Forscher der ETH und vom Universitätsspital Lausanne (CHUV) haben dargelegt, wie ein Implantat in der Wirbelsäule die bisherigen Therapien ergänzen kann.

Es ist nur ein einziger Patient, ein 46-jähriger Franzose, dem das Implantat des Lausanner Forschungsteams bisher geholfen hat. Er falle weniger oft hin, fühle sich sicherer und könne das Haus wieder verlassen – auch zur Freude seiner Frau, sagte er an einer Pressekonferenz des Fachmagazins «Nature Medicine».

Vor 20 Jahren ein Hirnimplantat

Bereits vor 20 Jahren hatte er wegen seines schweren Parkinsons ein Implantat ins Gehirn eingesetzt bekommen – zur Hirnstimulation. Dieses half gegen das Zittern und viele weitere Symptome. Es ging ihm deutlich besser, aber die Krankheit schritt fort. Gehen wurde immer schwieriger, und sein Alltagsradius wurde zunehmend kleiner.

So entschloss er sich vor zwei Jahren, etwas auszuprobieren, das so noch nirgends getestet worden war. Etwas, das ihm seine Ärzte am CHUV in Lausanne um Jocelyne Bloch und Forscher der ETH Lausanne um Grégoire Courtine anboten: die elektrische Stimulation der Wirbelsäule, genau dort, wo die Nerven sitzen, die seine Beine steuern.

Wirbelsäulenimplantat korrigiert falsche Signale

Die Idee: gestörte Signale, die vom parkinsonkranken Gehirn kommen, sollten ergänzt und korrigiert werden. Die Methode an sich, Implantate in der Wirbelsäule einzusetzen, ist weltweit tausendfach getestet, vor allem bei Patienten, die an neuropathischen Schmerzen leiden.

Implantat.
Legende: Das Implantat in der Wirbelsäule des Parkinson-Patienten korrigiert die gestörten Signale des erkrankten Gehirns an den Gehapparat. Eine Anpassung alle paar Monate ist nötig. Keystone/Valentin Flauraud

Auch in der Therapie für Querschnittsgelähmte der gleichen Forscher gibt es erste Erfolge. Doch für Parkinson war die Methode neu. Der Franzose war und ist also eine freiwillige Versuchsperson.

Zeitaufwendige Therapie

Seit ihm das Implantat vor zwei Jahren eingesetzt wurde, kam er unzählige Male nach Lausanne, um das Implantat zu testen, zu verbessern und anzupassen. Das war nicht immer leicht. Mal tat sich gar nichts, mal war die Stimulation zu stark.

Parkinson.
Legende: Der Franzose Marc stellte sich am 6. November 2023 im Unispital Lausanne zusammen mit Professor Grégoire Courtine und Professorin Jocelyne Bloch vor die Medien. Keystone/Valentin Flauraud

Heute schaltet er das Gerät morgens ein, durchlebt seine Tage, und spricht, so nennt er es selbst, von einer Art Wiedergeburt. Alle zwei bis drei Monate muss er zur Kontrolle. Häufig muss die Stimulation an den Verlauf seiner Krankheit angepasst werden. Kurz: Die Therapie hilft, frisst aber auch viel seiner Zeit.

Sechs weitere Versuche in Vorbereitung

Im kommenden Jahr wollen Courtine und Bloch weitere sechs Patienten implantieren. Dann erst steht eine reguläre klinische Studie an. Klären müssen sie noch, ob und wie sie vor dem Eingriff erkennen können, ob ein Patient von der Methode profitieren wird. Denn klar ist schon jetzt, dass diese Methode nicht allen helfen wird.

Das Tempo der Forschung von Courtine und Bloch wird auch vom Geld bestimmt. Sie arbeiten mit einer Spende der Michael J. Fox-Stiftung, die weltweit die Parkinsonforschung fördert.

Echo der Zeit, 06.11.2023, 18:00 Uhr

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