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EU-Rahmenabkommen Differenzen zwischen Bundesrat und EU – ein Überblick

«Fundamental» seien die Differenzen zwischen der Schweiz und der EU bezüglich eines möglichen Rahmenabkommens, sagte Bundespräsident Guy Parmelin am Montag, wenige Tage nach seinem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. So deutlich hat er sich bisher nie zum Stand beim Rahmenabkommen geäussert. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur blockierten Situation:

Wo liegen die Differenzen zwischen Bundesrat und EU? Es geht um drei Punkte: die sogenannte Unionsbürgerrichtlinie, den Lohnschutz und staatliche Beihilfen. Der Bundesrat will laut Parmelin das Abkommen nicht unterzeichnen, solange nicht «zufriedenstellende Lösungen in allen drei Bereichen gefunden werden». Was der Bundesrat genau als zufriedenstellend erachtet, ist offen.

Besonders weit entfernt von einer Lösung scheint man bei der Unionsbürgerrichtlinie zu sein. Mit dieser regelt die EU seit 2004 die Personenfreizügigkeit. Aussenminister Ignazio Cassis sagte am Montag: «Der Knackpunkt der Differenzen mit der EU ist die unterschiedliche Auslegung der Personenfreizügigkeit.»

Darum geht es bei der Unionsbürgerrichtline (UBRL): Die Richtlinie geht in mehreren Bereichen weiter als das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU von 1999, dass die Personenfreizügigkeit heute regelt:

  • Vereinfachter Zugang zu den Sozialwerken: Personen, denen nach Antritt einer Stelle in einem anderen EU-Land gekündigt wird, haben bereits nach drei Monaten Anspruch auf Sozialhilfe von sechs Monaten. Nach einem Jahr haben sie unbeschränktes Aufenthaltsrecht, einschliesslich Anspruch auf Sozialhilfe. Derzeit haben EU-Bürger in den ersten 12 Monaten in der Schweiz keinen Sozialhilfe-Anspruch, danach maximal sechs Monate.
  • Recht zum Daueraufenthalt: Unionsbürger und ihre Familienangehörigen erhalten nach 5 Jahren ununterbrochenem Aufenthalt das dauerhafte Recht zu bleiben. Das gilt in der Schweiz derzeit nur für Bürger aus 15 EU-Staaten (die sogenannten EU-17 Staaten ohne Zypern und Malta) und nicht für alle EU-Angehörigen.
  • Erschwerte Ausschaffung: Auch Unionsbürger können zwar aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in ihr Heimatland ausgeschafft werden, es muss aber gemäss dem Verhältnismässigkeitsprinzip jeder Einzelfall überprüft werden. Unionsbürger aus der Schweiz auszuschaffen, dürfte laut Experten eher schwieriger werden.

Nach Ansicht der EU hätte die Schweiz die UBRL als Weiterentwicklung des Freizügigkeitsabkommens schon lange übernehmen müssen. Die Schweiz wollte aber im Rahmenabkommen eine Klausel unterbringen, dass sie die UBRL nicht übernehmen muss. Die EU hingegen wollte die Schweiz zur Übernahme verpflichten. Im aktuellen Entwurf zum Rahmenabkommen wurde die UBRL als Kompromiss dann überhaupt nicht erwähnt. Es wird aber befürchtet, dass die EU nach Unterzeichnung des Abkommens die Frage erneut aufbringt und ein Schlichtungsverfahren nach den neuen Regeln einleiten wird.

Warum wird überhaupt über ein Rahmenabkommen verhandelt? Die Schweiz ist weder Mitglied der EU noch des EWR. Sie setzt für die Zusammenarbeit mit der EU stattdessen auf bilaterale Verträge, die zum Beispiel den Zugang der Schweiz zum EU-Binnenmarkt sichern. Die EU ist aber nur willens, diesen bilateralen Weg fortzusetzen, wenn die institutionellen Fragen in einem Rahmenabkommen geregelt werden.

Der Vertrag soll zum Beispiel grundsätzlich regeln, wie Streitigkeiten beigelegt werden, aber auch wie die Schweiz ihr Recht im Gegenzug für den Marktzugang an jenes der EU anpassen muss.

Was, wenn es kein Rahmenabkommen gibt? Dann laufen die bisherigen bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU weiter. Die EU will aber keine neuen Marktzugangsverträge – etwa ein Strommarktabkommen – mehr abschliessen. In Frage dürfte wohl auch die Aktualisierung bestehender Verträge stehen, sollte eine solche nötig werden.

Rendez-vous, 22.04.2021, 12:30 Uhr

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