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Rahmenabkommen – wie weiter? Mit Maximalforderungen wird es schwierig für die Schweiz

Trotz klarer Ansage aus Bern zum Rahmenabkommen – Brüssel bleibe in Warteposition, sagt Korrespondent Charles Liebherr.

Eine Lösung für ein Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU in absehbarer Frist erscheint zunehmend unwahrscheinlicher. Das ist spätestens seit gestern Abend klar, als Bundespräsident Guy Parmelin von «fundamentalen Differenzen» sprach und betonte, die Schweiz habe der EU sehr wohl konkrete Vorschläge gemacht.

Die EU-Kommission ihrerseits betonte in den letzten Tagen verschiedentlich, dass die Tür für weitere Verhandlungen offen bleibe. Das sei nicht nur ein Lippenbekenntnis, schätzt Brüssel-Korrespondent Charles Liebherr: «Die klare Ansage des Bundesrates ist in Brüssel durchaus angekommen. Warum erst jetzt? So lautet hier die ein bisschen irritierende Frage.»

Nichts deutet darauf hin, dass der EU der Geduldsfaden reisst.

Nichts deute allerdings darauf hin, dass der EU der Geduldsfaden reisse – eher im Gegenteil, so Liebherr. So habe der Sprecher der EU-Kommission bereits am vergangenen Freitag offiziell erklärt, die EU sei gewillt, an den Rand des Möglichen zu gehen.

Dies hätten EU-Diplomatinnen und -Diplomaten gestern informell nochmals bestätigt: Weil es im Interesse beider Seiten sei. Weil das Rahmenabkommen bestehende Differenzen zu klären helfe. Weil es im begrenzten Rahmen die dynamische Rechtsübernahme ermögliche und nicht zuletzt zusätzliche bilaterale Abkommen eröffne, etwa in den Sektoren Gesundheit und Strom.

Forschung als Druckmittel?

Die EU-Kommission erhöhte aber gestern auch den Druck nochmals, indem sie die Teilnahme der Schweizer Hochschulen an «Horizon Europe» an die Auszahlung der Kohäsionsmilliarde koppeln will.

Ob das eine geschickte Drohung war, könne er nicht sagen, stellt Liebherr fest. EU-Diplomatinnen und -Diplomaten hätten sich aber gestern dahingehend geäussert, dass der Wille nicht sehr ausgeprägt sei, über die Beteiligung des Drittstaates Schweiz am EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» zu reden, bevor beim Rahmenabkommen Klarheit herrsche.

Das sei aus EU-Sicht durchaus nachvollziehbar, stellt Liebherr fest. Er geht zugleich davon aus, dass die vermeintliche Drohung der EU-Kommission auch bei einem Scheitern des Rahmenabkommens nicht lange zu halten wäre. Denn unter den 27 Mitgliedsländern gebe es eine grosse und starke Gruppe, welche das Vereinigte Königreich, aber auch Israel und die Schweiz bei «Horizon Europe» dabei haben wollten.

Wie gross ist die Kompromissbereitschaft der EU?

Liebherr weist darauf hin, dass die EU der Schweiz beim vorliegenden Rahmenabkommen weit entgegengekommen ist. Auch soll die EU der Schweiz nun neu nochmals angeboten haben, auch Teile des Abkommens, etwa das Zusatzprotokoll, zu heiklen Fragen der Personenfreizügigkeit noch einmal anzupassen.

«Wenn dem so ist, wäre das schon ein bedeutender Kompromissvorschlag, ohne jetzt das Ergebnis vorwegnehmen zu können», schätzt Korrespondent Charles Liebherr. Denn die Gespräche könnten ja auch scheitern. Nun müsse wohl auch die Schweiz in allen Punkten einen Schritt in die Richtung der EU machen und von maximalen Forderungen abkommen. Ansonsten seien Fortschritte nicht möglich und das Rahmenabkommen könne nicht abgeschlossen werden.

Rendez-vous, 27.04.2021, 12:30 Uhr ; 

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