Vor einem Jahr sah alles noch ganz anders aus, sagt Urs Zimmermann, Vizepräsident von HotellerieSuisse. Damals hätten alle geglaubt, dass die Coronakrise den Fachkräftemangel in der Tessiner Gastronomie verringere. Falsch gedacht: «Er ist eher noch ausgeprägter geworden», so Zimmermann. Er führt selbst ein Hotel im Tessin.
Viele sagen sich: ‹Die Branche ist mir zu unsicher.›
Zimmermann sieht vor allem einen Grund für diese Entwicklung. Viele Gastro- und Hotelmitarbeitende würden ihrem erlernten Beruf bewusst den Rücken kehren. «Mitarbeiter in Kurzarbeit, oder solche, die ihre Stelle verloren haben, sagen sich: ‹Die Branche ist mir zu unsicher, ich gehe in andere Bereiche.›»
Deutsche Mitarbeitende kehren nicht zurück
Zudem seien in den letzten Jahren viele Servicemitarbeitende aus Deutschland wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Eine Lösung wäre, dass arbeitslose Servicemitarbeitende aus der Deutschschweiz ins Tessin kommen, anstatt Arbeitslosengeld zu beziehen.
Zimmermann hält dies allerdings für zu unsicher, da mit zu viel Aufwand verbunden. Stattdessen dürften nun wohl vor allem Grenzgänger in die Bresche springen.
Wegen des Lehrstellenmangels fehlen auch in Zukunft Mitarbeiter.
Dennoch werden auf dem Tessiner Arbeitsmarkt wohl noch lange Lücken klaffen. Viele Betriebe würden keine Lehrstellen ausschreiben, gerade solche, die sich noch im Lockdown befinden. «Der Lehrstellenmangel wirkt sich auch auf die Zukunft aus, weil die Mitarbeiter fehlen, die keine Ausbildung gefunden haben.»
Der Präsident von HotellerieSuisse, Andreas Züllig, und GastroSuisse bestätigen die Aussagen ihres Berufskollegen aus dem Tessin. Der Fachkräftemangel in der Gastrobranche sei jedoch auch schweizweit massiv.
Ihr Blick in die Zukunft ist auch deshalb ein sorgenvoller, weil in Deutschland und Österreich ebenfalls viele Servicemitarbeitende dem Beruf den Rücken kehren. Das Problem lässt sich also nicht einfach mit Fachkräften aus dem Ausland beheben.