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Fall Jean-Daniel Ruch Experte: «Man hätte ihn mit den Gerüchten konfrontieren können»

Der gescheiterte Versuch, Jean-Daniel Ruch zum neuen Staatssekretär zu ernennen, hat in der SRF-Community zu regen Diskussionen geführt. Patrice Zumsteg, Leiter des Kompetenzbereichs Sicherheitsrecht an der ZHAW, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Patrice Zumsteg

Leiter des Kompetenzbereichs Sicherheitsrecht an der ZHAW

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Patrice Zumsteg ist Leiter des Kompetenzbereichs Sicherheitsrecht an der Zürcher Hochschule der Angewandten Wissenschaften (ZHAW), wo er seit 2020 tätig ist. Der Rechtsanwalt hat etwa zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus geforscht. Seit 2021 bietet er an der ZHAW in Winterthur ausserdem einen «CAS Recht der inneren Sicherheit» an.

Wann fällt man durch die Personensicherheitsprüfung?

Alles Mögliche, das einen erpressbar macht, kann dazu führen. Das muss nicht zwingend illegales Verhalten sein. Auch Dinge, die anrüchig sind, können zum Problem werden, wenn sie zwar rechtlich in Ordnung sind, aber einen de facto erpressbar machen. So zum Beispiel der Konsum von «knapp-nicht»-Kinderpornografie, aber auch Schulden oder Suchterkrankungen.

VBS verzichtete auf erneute Prüfung

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In mehreren Medien ist zu lesen, dass bereits seit Langem Gerüchte über Jean-Daniel Ruch kursieren. Genauer gesagt über seinen Lebensstil. Von Fraueneskapaden schreibt etwa der Blick. Auf Anfrage von SRF erklärt das VBS, bei der Ernennung von Jean-Daniel Ruch keine Kenntnis von diesen Gerüchten gehabt zu haben. Weiter betont das Bundesamt, dass für Jean-Daniel Ruch eine gültige Personensicherheitsprüfung vorlag. Deshalb hat das VBS nach Angaben der Bundeskanzlei in diesem Fall auf eine Erneuerung der Prüfung verzichtet.

Wäre es nicht sinnvoll, immer eine aktuelle Prüfung durchzuführen, wenn eine neue Person in einer so sensiblen Rolle angestellt wird?

Grundsätzlich sieht das Gesetz genau das vor. Ich nehme an, dass davon abgesehen wurde, weil er schon vorher auf derselben Sicherheitsstufe angestellt war und seine letzte Prüfung weniger als fünf Jahre zurückliegt. Vom Schiff aus würde ich aber sagen, dass es ein Versäumnis ist, nicht von Anfang an eine neue Prüfung zu machen, wenn in einem so empfindlichen Bereich eine neue Funktion geschaffen wird. Die VBS-Spitze – also in letzter Instanz Bundesrätin Viola Amherd – hätte eine solche Prüfung verlangen können.

Jean-Daniel Ruch im Medienzentrum des Bundeshauses vor Viola Amherd.
Legende: Jean-Daniel Ruch musste abtreten, bevor er überhaupt angefangen hat. Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE

Welche Rolle spielen Gerüchte bei der Personensicherheitsprüfung?

Bei der Prüfung ist es auch möglich, einer Vermutung oder einem Verdacht nachzugehen. Bei der höchsten Sicherheitsstufe, der Ruch angehört, findet ausserdem ein Gespräch statt. Dabei hätte man ihn mit den Gerüchten zu seinem Lebensstil konfrontieren können.

Wie üblich ist es, dass potenzielle Angestellte durch die Sicherheitsprüfung fallen?

Es kommt regelmässig vor, dass Leute die Personensicherheitsprüfung nicht bestehen. In der Entscheiddatenbank des Bundesverwaltungsgerichts findet man alleine aus dem letzten Jahr vier Fälle. Der letzte hochkarätige Fall war aber derjenige des ehemaligen Armeechefs Roland Nef im Jahr 2008.

Was wäre, wenn ein Bundesrat erpressbar wäre?

Bundesräte ziehen ihre Legitimation aus der Wahl. Sie müssen deshalb keine Personensicherheitsprüfung bestehen. Egal wie ihr Lebensstil aussieht, das demokratische Gewicht ihrer Wahl ist grösser.

Tagesschau, 25.10.2023, 19:30 Uhr ; 

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