Der Vierfachmord von Rupperswil (AG) ist fast drei Jahre her. Es ist eines der schlimmsten Verbrechen der Schweizer Justizgeschichte. Monate lang beschäftigte die unfassbare Tat das ganze Land, vor allem als die Polizei nach dem vorerst unbekannten Täter suchte.
Im März 2018 verurteilte das Bezirksgericht Lenzburg den heute 35-jährigen Täter zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe, die – je nach Risikobeurteilung von Experten – ein Leben lang dauern kann. Es ordnete auch eine ordentliche Verwahrung an.
Täter wehrt sich gegen Verwahrung
Den Schuldspruch und die Freiheitsstrafe akzeptierte der Beschuldigte, nicht aber die Verwahrung. Deshalb kommt der Fall heute wieder vor Gericht. Vor dem Aargauer Obergericht wird verhandelt, ob und wie der vierfache Mörder von Rupperswil verwahrt wird.
Die Verteidigung fordert die ersatzlose Aufhebung der Verwahrung. Die Staatsanwältin dagegen verlangt, wie schon vor Bezirksgericht, eine lebenslängliche Verwahrung des Mörders.
Dauerhaft nicht therapierbar?
Das Schweizer Strafrecht kennt zwei Arten der Verwahrung. Die ordentliche Verwahrung muss von Gesetzes wegen periodisch geprüft werden. Aufheben kann sie nur ein Gericht.
Für eine lebenslängliche Verwahrung braucht es zwei Gutachter, die unabhängig voneinander einen Täter als dauerhaft nicht therapierbar einstufen. «Neben allen anderen Voraussetzungen erfordert eine lebenslange Verwahrung, dass der Täter lebenslänglich – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht behandelt werden kann», sagt die Luzerner Kantonsrichterin Marianne Heer. «So eine Aussage auf diese lange Zeit hinaus lässt sich aber nicht machen. Das sagt die Wissenschaft, das sagen die Psychiater.»
Wie das Urteil auch ausfällt, der Täter werde wohl nie wieder freikommen, ist der Berner Strafrechtsprofessor Jonas Weber überzeugt. «Aber ich denke, es ist falsch, dass man die Persönlichkeitsentwicklung des Täters völlig ausser Acht lässt.»
Aussergewöhnlich am Fall ist, dass der Täter vor dem Vierfachmord nie straffällig war. Weber erklärt, Ersttäter seien sehr schwierig zu begutachten, denn «es gibt keine früheren Straftaten, aus denen man Schlüsse ziehen kann.» Im Fall Rupperswil sei es vielleicht einfacher, weil die Tathandlung zeitlich sehr lang gewesen sei und es mehrere Opfer gegeben habe. Und weil es Vorbereitungen für zwei weitere Straftaten gegeben habe, sagt Weber.
Es kommt auf die Gefährlichkeit an
Laut Richterin Marianne Heer spielt es keine grosse Rolle, wie das Gericht entscheidet. Ob der Täter nun in einer lebenslangen Freiheitsstrafe bleibe, eine ordentliche oder gar eine lebenslängliche Verwahrung verhängt bekomme, mache keinen Unterschied. «In allen drei Fällen kommt ein Täter nur frei, wenn er nicht mehr gefährlich ist», sagt Heer. Die Kombination von lebenslänglicher Freiheitsstrafe und Verwahrung habe nur symbolischen Charakter.