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Falsche Deklarationen Hygienemasken: Nicht immer ist drin, was auf der Packung steht

Masken aus Detailhandel und Apotheken sind oft falsch deklariert. Es gibt keine Garantie, dass sie auch gut schützen.

Die sogenannten Hygienemasken aus mehrlagigem Vliespapier sehen alle gleich aus, schaut man sich die Verpackungen aber genauer an, gibt es entscheidende Unterschiede – in der Qualität und folglich auch beim Schutz.

Hygienemasken gelten offiziell als Medizinprodukt, wenn sie in Europa zertifiziert sind, nach Prüfnorm EN 14683. Zu erkennen an der CE-Kennzeichnung). Folgende Typen erfüllen diese Bedingungen:

Maskentypen und ihr Schutz
Legende: SRF

Entsprechen die Masken nicht dieser Prüfnorm, ist laut Swissmedic Vorsicht geboten. Auf seiner Internetseite warnt das Heilmittelinstitut: «Bei nicht konformen medizinischen Gesichtsmassen ist das Schutzniveau gemäss der europäischen Norm14683 nicht sichergestellt.»

Schweiz importierte nicht konforme China-Masken

Weil es aber zu Beginn der Pandemie an Masken mangelte, liess das Bundesamt für Gesundheit zu, dass auch Masken aus China importiert wurden, die nicht dem europäischen Standard entsprechen. Solche Masken sollten nicht vom Gesundheitspersonal getragen werden. Die Packungen müssen deshalb mit dem Hinweis «non medical» oder «nicht für die medizinische Verwendung» gekennzeichnet sein.

«Kassensturz» zeigt allerdings: Die wenigsten Masken sind korrekt und vollständig angeschrieben. Für Dr. Margit Widmann, Dozentin für Qualitätsmanagement von Medizinprodukten an der Luzerner Hochschule, gefährlich: «Wenn die Deklaration unvollständig ist, weiss ich nicht, ob die Maske, die ich gekauft habe, mich auch wirklich schützt.»

Beispiele für nicht korrekt deklarierte Masken

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  • Manor: Auf der Schachtel der bei Manor gekauften Masken ist der veraltete Prüfstandard von 2005 vermerkt. Er ist nicht mehr gültig. Manor erklärt: «Die Unstimmigkeiten auf der Verpackung werden in Kürze mit einem Aufkleber korrigiert, mittelfristig mit einer überarbeiteten Verpackung.»
  • Spar: Die Bezeichnung CE deutet darauf hin, dass die Masken europa-zertifiziert sind. Das ist irreführend. Tatsächlich erfüllen sie die geringeren Anforderungen einer Community-Maske, nicht aber die strengere europäische Norm. Es fehlt der Hinweis, dass sich die Maske nicht für die medizinische Verwendung eignet. Spar schreibt: «Spar prüft bei der nächsten Auflage die Verpackung in Deutsch inkl. Hinweis anzupassen. Die aktuellen Verpackungen sind dennoch für den Verkauf freigegeben worden.»
  • Apotheke Zur Rose: Die Masken sind als Typ II deklariert und mit dem CE-Zeichen versehen. Das ist falsch, sie entsprechen nicht dem europäischen Qualitätsstandard. Das CE-Zeichen ist deshalb irreführend. Stellungnahme von Zur Rose: «Die Gebrauchsinformation in der Verpackung hält fest, dass die Hygienemasken nicht für die medizinische Verwendung geeignet sind. Wir sind mit dem Lieferanten in Kontakt getreten. Im Sinne der besseren Transparenz wird dieser Hinweis zusätzlich auf der Verpackung angebracht. Den Produktebeschrieb im Webshop haben wir entsprechend ergänzt.» (Anmerkung Redaktion: Von Gesetzes wegen müsste der Hinweis aussen auf der Packung angebracht sein.)

VBS-Masken: Schützen sie genug?

Auch die sogenannten VBS-Masken – vom Bund beschafft für den Detailhandel und Apotheken und 18-Millionen-fach verkauft – werfen Fragen auf. Expertin Margit Widmann: «Die CE-Kennzeichnung erweckt den Anschein, diese Maske entspreche den europäischen Anforderungen. Im Kleingedruckten entdecke ich dann einen chinesischen Standard, der gegen Luftverschmutzung ist. Und da frage ich mich, ob diese Masken geeignet gegen Covid-19 sind.»

Service:

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Tatsächlich werden diese Masken fälschlicherweise als Typ II verkauft. Erst verweigerte das VBS den Einblick in die Prüfberichte. Dennoch deckte «Kassensturz» auf: Diese Maske darf kein CE tragen. Sie ist kein konformes Medizinprodukt. Der entsprechender Hinweis fehlt jedoch. Konsumentinnen bekommen den Eindruck, sie würden ein zertifiziertes Produkt mit einem hohen Qualitätsstandard kaufen.

Stellungnahme VBS

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Brigadier Markus Näf war im Auftrag des VBS für die Beschaffung von Medizinprodukten zuständig. Er bestätigt die Recherchen von «Kassensturz»: «Diese Maske ist als Medical-Face-Mask deklariert, aber das ist nicht korrekt. Sie ist im Rahmen der Anschubverteilung, bei der die Masken über Grossverteiler verteilt werden, irrtümlich falsch deklariert worden. Die Maske erfüllt aber die Kriterien, sodass sie keine Gefährdung darstellt für die Bevölkerung.»

Im Moment werde geprüft, wieviele dieser Masken bereits verbraucht sind. Falls noch Bestände vorhanden seien, werde diskutiert, ob man sie mit einem Aufkleber versieht, der informiert, dass sie nicht für den medizinischen Gebrauch sind.

Marktüberwachung muss durchgreifen

Grosses Chaos auf dem Maskenmarkt. Swissmedic hat bis jetzt über 100 Meldungen zu nicht konformen medizinischen Gesichtsmasken erhalten. Michel Pürro ist zuständig für die Kontrolle der Medizinprodukte und kennt das Masken-Wirrwarr: «Für den Konsumenten ist die Lage unübersichtlich. Swissmedic setzt sich aber mit Marktüberwachungsmassnahmen dafür ein, dass zukünftig vermehrt Medizinprodukte auf den Markt kommen.» Wer nicht korrekt deklarierte Masken entdeckt, soll dies an Swissmedic melden.

Die Marktüberwachung ist jetzt gefordert. Denn Konsumentinnen und Konsumenten, die sich und andere künftig mit einer qualitativ hochwertigen Maske schützen wollen, müssen sich auf eine klare und korrekte Deklaration verlassen können.

Informationen Swissmedic:

Die wichtigsten Informationen zum Coronavirus:

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Tagesschau, 01.09.2020, 18.00 Uhr / Kassensturz, 01.09.2020, 21.05 Uhr

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