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Fifa-Prozess verjährt Alles endet in einer grossen Peinlichkeit

Michael Lauber falle durch «Uneinsichtigkeit» auf. Er habe «mehrfach die Unwahrheit» gesagt, «illoyal» gehandelt und zeige «im Kern ein falsches Berufsverständnis». Was die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft vergangenen Monat über den höchsten Bundesanwalt schrieb, fühlte sich nur schon beim Lesen als das an, was es war: eine schallende Ohrfeige.

Bei der Kritik ging es um Laubers informelle und nicht protokollierte Treffen mit Fifa-Chef Gianni Infantino. Manch einer wäre bei einer solchen Kritik eingeknickt. Michael Lauber liess sich allerdings nicht beirren, man könnte auch sagen: Er ist uneinsichtig. Denn gegen die verhängte Lohnkürzung wehrt er sich juristisch.

Michael Lauber ist also immer noch Bundesanwalt und will es unbedingt bleiben. Die Probleme sind allerdings nicht kleiner geworden. Im Gegenteil.

«Sommermärchen»-Prozess verjährt

Da wäre der sogenannte «Sommermärchen-Prozess», der am heutigen Tag verjährt – ohne Urteil. Der Fall endet in einem Debakel für die Schweizer Justiz. Die Bundesanwaltschaft liess sich schlicht zu lange Zeit mit ihren jahrelangen Ermittlungen. Keine einzige Minute konnte vor Gericht verhandelt werden – auch wegen der Coronakrise.

Dabei war der Fall wichtig. Es ging um dubiose Zahlungen vor der WM 2006, es war der prestigeträchtigste Fall im ganzen Fussball-Fifa-Komplex der Bundesanwaltschaft. Nun endet alles in einer grossen Peinlichkeit – Coronavirus hin oder her. Der erste Anwalt hat gegenüber SRF bereits angekündigt, eine Genugtuung für seinen Mandanten zu fordern. Denn die Angeklagten hofften auf einen Freispruch – und stehen nun mit nichts da. Die Prozesskosten wird der Staat berappen müssen.

Nicht nur Strategie-Themen bei Infantino-Treffen?

Just heute legt der «Tages-Anzeiger» mit einer neuen Enthüllung noch einen drauf. Die Geheimtreffen zwischen Fifa-Chef Infantino und Bundesanwalt Lauber seien eben doch nicht so harmlos, wie immer betont wurde. Es sei dabei nicht nur um strategische Fragen gegangen – sondern auch um konkrete Fälle, etwa Ermittlungen gegen Infantino persönlich.

Gespräche und Absprachen, die nicht mit der Unabhängigkeit einer Ermittlungsbehörde vereinbar sind. Möchte man meinen.

Mit sieben Stimmen über dem absoluten Mehr wurde Lauber letzten Herbst vom Parlament wiedergewählt. Knapp, aber immerhin wiedergewählt. Da waren die Geheimtreffen schon bekannt. Die Gerichtskommission des Parlaments hatte Lauber damals nicht zur Wiederwahl empfohlen.

«Rücktritt – oder Amtsenthebung»

Nun ist das passiert, was man fast nicht für möglich hielt, aber am Schluss doch nicht überraschend ist: Es ist alles noch viel schlimmer geworden. Politiker aus der Gerichtskommission fordern Lauber jetzt auf, von sich aus zurückzutreten. Sie drohen mit einem möglichen Amtsenthebungsverfahren im Parlament.

Es würde nicht zum bisherigen Verlauf der Geschichte passen, wenn Lauber hinschmeissen würde. Konsequent oder uneinsichtig – je nach Ansicht.

Michael Spillmann

Inlandredaktor SRF

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Michael Spillmann ist Inlandredaktor beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) und betreut dort das Dossier Justiz.

SRF 4 News, 22.4.2020, 15:00

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