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«Unwahrheit gesagt» Bundesanwalt Michael Lauber soll Amtspflichten verletzt haben

  • Bundesanwalt Michael Lauber hat verschiedene Amtspflichten verletzt.
  • Zu diesem Schluss kommt die Aufsichtsbehörde (AB-BA) über die Bundesanwaltschaft.
  • Lauber habe mehrfach die Unwahrheit gesagt, konkret wegen dreier Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino. Zudem habe er illoyal gehandelt.
  • Ihm wird deshalb der Lohn gekürzt.

Die AB-BA bezeichnet die Summe der Pflichtverletzungen als erheblich. Als Disziplinarsanktion belegt sie den Bundesanwalt mit einer Lohnkürzung von acht Prozent – 23'827 Franken – für die Dauer eines Jahres. Sein Jahreslohn beträgt 297'844 Franken. Die maximal mögliche Lohnreduktion hätte zehn Prozent betragen.

Mindernd falle ins Gewicht, dass in den verfügbaren Akten keine Hinweise enthalten seien, dass der Bundesanwalt unrechtmässige Geld-, Sach- oder Personaldienstleistungen empfangen habe.

Lauber behält sich rechtliche Schritte vor

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Die Bundesanwaltschaft hat die Mitteilung der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft zum Disziplinarverfahren zur Kenntnis genommen, wie aus einer Stellungnahme vom Mittwoch hervorgeht.

Wichtig in diesem Kontext sei der Umstand, dass der Entscheid keinen abschliessenden Befund darstelle und einer gerichtlichen Überprüfung standhalten müsse, heisst es. Bundesanwalt Lauber und seine Rechtsvertretung würden sich alle rechtlichen Schritte vorbehalten.

Wie bis anhin werde sich die Bundesanwaltschaft gegenüber den zuständigen Gremien äussern. So auch gegenüber der Oberaufsicht, der Geschäftsprüfungskommission, im Rahmen der laufenden Inspektion zu Aspekten des Aufsichtsverhältnisses zwischen der Aufsichtsbehörde und der Bundesanwaltschaft.

Gegen den Entscheid der AB-BA kann der Bundesanwalt, der im letzten Herbst wiedergewählt wurde, innert 30 Tagen beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erheben.

Treuepflicht verletzt

Der Bundesanwalt unterstehe wie alle Angestellten im öffentlichen Dienst einer allgemeinen Treuepflicht, zu der auch die Verpflichtung zu loyalem Handeln gehöre, schreibt die Aufsichtsbehörde. Entgegen dieser Pflicht habe Lauber die AB-BA als seine direkte Aufsichtsbehörde nach Eröffnung des Disziplinarverfahrens öffentlich in Misskredit gebracht.

Reaktionen aus der Gerichtskommission des Nationalrats

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Matthias Aebischer (SP/Bern): Ich war in der Minderheit derjenigen, die Michael Lauber nicht für vier weitere Jahre wiederwählen wollten. Nun, ein halbes Jahr später, haben wir es schwarz auf weiss. Ich sage: Wir haben ein Problem im System. Das müssen wir im Parlament nun ändern. Die Aufsichtsbehörde braucht mehr Ressourcen und Befugnisse – und wir müssen die Bundesanwaltschaft neu aufstellen.

Christian Luescher (FDP/Genf): Es ist zu früh, zum Bericht etwas zu sagen, weil der Entscheid nicht rechtskräftig ist. Es war aber kein Fehler, Michael Lauber wiederzuwählen. Wir müssen nun aber einfach einen definitiven Gerichtsbeschluss abwarten.

Sibel Arslan (Grüne/Basel-Stadt): Die Wiederwahl von Michael Lauber war nicht richtig. Wir hätten entweder den Bericht abwarten müssen, oder wir hätten ihn nicht wählen dürfen. Jetzt müssen wir den Bericht berücksichtigen und die betroffenen Personen anhören. Möglich wäre dann auch ein Amtsenthebungsverfahren.

Er habe die Untersuchung behindert, indem er persönlich direkt Einfluss auf die Behandlung der Auskunfts- und Akteneditionsbegehren der Aufsichtsbehörde Einfluss genommen und dafür gesorgt habe, dass diese teilweise widerrechtlich abgewiesen und verschleppt worden seien.

Ohne die AB-BA davon in Kenntnis zu setzen, habe er den von ihr aufgebotenen Auskunftspersonen im Vorfeld ihrer Einvernahmen persönlich widerrechtliche Aussageermächtigungen gemacht, indem er den Themenkreis umrissen habe, zu dem die Auskunftspersonen gegenüber der AB-BA hätten antworten dürfen.

Weiter habe er den Auskunftspersonen den Beizug von Rechtsbeiständen auf Kosten der Bundesanwaltschaft angeboten, womit diese in einen Loyalitätskonflikt geraten seien. Zudem habe er persönlich die Übernahme der Kosten seiner eigenen Rechtsbestände durch die Bundesanwaltschaft angeordnet. Damit habe er den Code of Conduct der Bundesanwaltschaft, das Verbot des Handels im Interessenkonflikt, missachtet.

Wissentlich Unwahrheit gesagt

In Bezug auf ein Treffen mit dem Präsidenten des Weltfussballverbandes Fifa, Gianni Infantino, vom 16. Juni 2017, habe Lauber wissentlich und willentlich die Unwahrheit gesagt, schreibt die AB-BA weiter. Die Aufsichtsbehörde unterstellt dem Bundesanwalt in mehrfacher Hinsicht, in grobfahrlässiger Weise gehandelt zu haben.

Die Nichtprotokollierung der nachgewiesenen Treffen mit dem Fifa-Präsidenten sowie die Schaffung der Gefahr der Amtsgeheimnisverletzung seien durch den Bundesanwalt fahrlässig erfolgt. Teilweise seien die Vorwürfe auch verjährt.

Kritisiert wird auch, dass sich Lauber nicht in einer seiner Funktion angemessenen Weise um die Verfahren innerhalb des Fifa-Verfahrenskomplexes gekümmert habe. Damit habe er das Strafbehördenorganisationsgesetz verletzt, wonach er gehalten sei, Personal-, Finanz- und Sachmittel der Bundesanwaltschaft wirksam einzusetzen.

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