«Sicherheit ist auch weiblich»: Mit einem Werbevideo, in dem Frauen im Tarnanzug die Hauptrolle spielen, wollte die Armee 2020 mehr Frauen vom Dienst überzeugen. Denn für die erste Verteidigungsministerin der Schweiz, Bundesrätin Viola Amherd, ist seit Amtsantritt klar: Es braucht mehr weibliche Armeeangehörige.
Tatsächlich stieg der Frauenanteil an, seit die VBS-Chefin (Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) im Amt ist. So waren 2019 erst 0.7 Prozent der Soldaten Frauen, 2022 verdoppelte sich der Anteil auf 1.4 Prozent. Doch vom Ziel, welches sich die Armeeführung gesetzt hat, nämlich bis 2030 zehn Prozent Frauen im Dienst zu haben, ist man noch sehr weit entfernt.
Erste Pontonierin seit über zehn Jahren
Die SRF-«Rundschau» besucht eine Zugführerin in der Genieschule 73 im Aargau. Dominique Schären hat sich für den Dienst entschieden, weil ihr Vater lange im Militär diente und sie inspirierte. Als Frau in der Armee müsse sie sich mehr beweisen – auch heute noch: «Solange die Frauenquote nicht deutlich steigt, ist man etwas Spezielles und automatisch ein Aushängeschild . »
Schären ist ausserdem die erste Frau bei den Pontonieren seit über zehn Jahren. Als Zugführerin ist sie verantwortlich für bis zu 50 männliche Kameraden – alles freiwillig, denn als Frau müsste sie keinen Dienst leisten. Dazu meint einer ihrer Soldaten: «Ich glaube, ich hätte es jetzt nicht freiwillig gemacht, wenn ich hätte wählen können.»
Orientierungstag für Frauen bald obligatorisch?
Der Militärdienst sei auch interessant für Frauen, betont Viola Amherd immer wieder, so wie 2022 in der SRF-«Tagesschau»: «Man kann auch viel lernen. Wenn ich nur an den Cyber-Lehrgang denke, wo man ein Berufsdiplom erhalten kann, wäre das auch für Frauen etwas Interessantes.»
Doch diese Botschaft kommt offenbar erst bei wenigen an. Die SRF-«Rundschau» trifft potenzielle Soldatinnen an einem Informationsanlass für Frauen in Luzern. Sie geben mögliche Antworten auf die Frage, warum der Frauenanteil in der Armee nicht markant steigt. Genannt wird etwa, dass Funktionen nicht auf Frauen ausgerichtet seien.
Künftig soll der Orientierungstag auch für Frauen obligatorisch werden. Das hielt die Verteidigungsministerin am Montag gegenüber SRF fest.
Eine gute Sache fände das Irène Thomann, die fast 30 Jahre lang in der Armee gedient hat. Dass bis 2030 jedes zehnte Armeemitglied eine Frau sein wird, bezweifelt sie allerdings. Doch die aktuelle weltpolitische Lage könne dazu führen, dass das Interesse auch bei den Frauen steige. «Ich kann mir gut vorstellen, dass junge Frauen sagen: Doch, ich mache das.»
VBS prüft neue Dienstmodelle
Der Kommandant der Genieschule 73, Oberst im Generalstab Beni Horn, würde sich mehr Frauen auf seinem Waffenplatz wünschen. Aktuell hat er lediglich vier Soldatinnen im Dienst. Das habe auch damit zu tun, dass die Genieschule vor allem Handwerker rekrutiere und der Dienst körperlich anspruchsvoll sei, wofür sich Frauen offenbar weniger gewinnen liessen.
Neben dem obligatorischen Orientierungsanlass für Frauen prüft das VBS bis Ende 2024 auch verschiedene Dienstmodelle. Beim Modell «bedarfsorientierte Dienstpflicht» müssten Männer und Frauen Dienst leisten.