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Gegen drohende Energiekrise Parmelin: «Sparmassnahmen helfen jedem von uns im Portemonnaie»

Der Bundesrat startet eine Sensibilierungskampagne, um eine Gasmangellage zu vermeiden. Gleichzeitig schickt er weitere Schritte in die Vernehmlassung: Dazu gehört eine Maximal-Temperatur in Innenräumen. Erst als letzter Schritt zieht er Kontingentierungen für Unternehmen in Betracht.

Guy Parmelin

Bundesrat

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Guy Parmelin ist seit 2016 Bundesrat. Der SVP-Politiker wurde 2015 als Nachfolger der zurückgetretenen Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) in die Regierung gewählt. Seit 2019 ist Parmelin Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Er ist 1959 geboren und war bis zu seiner Wahl in den Bundesrat als Meisterlandwirt und -weinbauer tätig. 2003 wurde er für den Kanton Waadt in den Nationalrat gewählt.

SRF News: Duschen Sie auch nur fünf Minuten, um Energie zu sparen, wie Ihr deutscher Amtskollege Robert Habeck?

Guy Parmelin: Vielleicht weniger lang.

Noch weniger?

Ja, ich bin sehr gut trainiert.

Dann ist die Schweiz hier ein Vorbild. Sie ist aber sonst eher zurückhaltend beim Energiesparen. Der Bundesrat setzt auf eine Sensibilisierungskampagne, während Nachbarländer mit verbindlichen Einschränkungen kommen. Weshalb geht die Schweiz weniger weit?

Wir sind nicht in der gleichen Situation wie Deutschland oder Frankreich. Und wir denken, dass die Bevölkerung und die Unternehmen diese Sensibilisierungskampagne befolgen werden. Ich vertraue unseren Mitbürgern und Mitbürgerinnen.

Sie haben Vertrauen. Dann nennen Sie mir bitte eine Zahl: Wie viel Prozent Energie kann gespart werden durch diese Kampagne?

Das ist schwierig zu sagen. Man hat uns zum Beispiel erklärt, dass Japan im Zuge der dramatischen Ereignisse in Fukushima eine Kampagne lancierte. Damit wurden zwischen acht und 18 Prozent Energie gespart.

Wenn diese Kampagne nicht gut funktioniert, bleiben die Massnahmen, die wir im Krisenfall einsetzen müssen.

Man kann Japan nicht eins zu eins mit der Schweiz vergleichen, aber das zeigt, dass ein grosses Potenzial da ist.

Warum sind Sie so zuversichtlich, dass Private freiwillig sparen, obwohl sie von der Kontingentierung im Ernstfall gar nicht betroffen wären?

Das ist auch eine Frage der Solidarität. Wenn diese Kampagne nicht gut funktioniert, bleiben die Massnahmen, die wir im Krisenfall einsetzen müssen. Das wäre sehr schlecht für die Wirtschaft. Und wenn die Wirtschaft leidet, leidet auch die Bevölkerung.

Bei den ersten Einschränkungen in einer Mangellage wären Haushalte trotzdem betroffen, wenn sie mit Gas heizen. Wie erklären Sie einem Mieter, dessen Vermieter eine Gasheizung installiert hat, dass er nur noch 19 Grad in der Wohnung haben dürfte, während sein Nachbar mit der Ölheizung bequem mit 25 Grad im T-Shirt im Wohnzimmer sitzt?

Im Moment sind alle Energiepreise hoch. Deshalb helfen Sparmassnahmen im Moment jedem von uns im Portemonnaie. Man muss aber sehen: 40 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz heizen mit Gas. Dieses Sparpotential muss man nutzen. Sonst haben die Unternehmen in einer Mangellage sofort Probleme. Dann sind wir viel schneller bei einer Kontingentierung. Das wäre auch eine dramatische Situation für die Gesellschaft.

Sie sprechen von einer dramatischen Situation, die eintreten könnte. Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl hat heute gesagt, dass der soziale Frieden in der Schweiz auch bedroht sein könnte, wenn eine Mangellage eintritt. Teilen Sie diese Einschätzung?

Ja, darum wollen wir diese Sensibilisierungskampagne mit der Wirtschaft, Kantonen und der Bevölkerung machen. Wir sitzen alle im selben Boot. Dafür wollen wir sensibilisieren.

Die Unternehmen wünschen sich aber auch Planungssicherheit. Was die Energie und den Strom betrifft, hat der Bundesrat die Regeln noch nicht präsentiert. Weshalb dauert das so lange?

Ich führe am nächsten Montag einen runden Tisch mit der Wirtschaft und den Sozialpartnern. Danach werden die Details zu den Verordnungen erarbeitet. Beim Gas ist die Lage laut unseren Experten dringender, beim Strom droht ein Mangel hingegen erst Anfang des nächsten Jahres.

Das Gespräch führte Larissa Rhyn.

10vor10, 31.08.2021, 21:50 Uhr

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