Vor zwei Wochen entschied das nationale Parlament, dass Ehepaare künftig separat besteuert werden sollen – mit der Individualbesteuerung soll die sogenannte «Heiratsstrafe» abgeschafft werden. Nach einer Allianz aus SVP, EVP, EDU und Mitte, welche am Donnerstag das Referendum ergriff, wehren sich auch einzelne Kantone – sie wollen ein Kantonsreferendum auf die Beine stellen.
Mehrere Kantone für Referendum
Eine Mehrheit der Kantone ist gegen eine Umstellung des Steuermodells. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) lud die Kantone ein, sich an einem Kantonsreferendum zu beteiligen. Am Freitag meldeten die Regierungen der Kantone Appenzell Inner- und Ausserrhoden, Thurgau und Nidwalden, den kantonalen Parlamenten einen entsprechenden Antrag vorzulegen.
Auch die Regierungen der Kantone Glarus und Zug stehen hinter einem Referendum. In den Kantonen St. Gallen, Graubünden, Aargau, Uri und Luzern ist bislang nicht entschieden, ob es einen entsprechenden Parlamentsantrag geben soll – teils, weil Vorstösse hängig sind. Die Kantone Bern und Solothurn haben sich bereits gegen ein Kantonsreferendum ausgesprochen.
Die Kantone werden verpflichtet, das System der Individualbesteuerung für die Kantons- und Gemeindesteuern ebenfalls einzuführen. «Bei unterschiedlichen Einkommen und Einverdiener-Ehepaaren werden Ungleichheiten geschaffen», sagt Hansueli Reutegger, Finanzdirektor des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Dies gelte vor allem für ländlichere Gebiete, wo Ehepartner seltener gleich viel verdienen.
Berechnungen des Kantons zeigen, dass die Individualbesteuerung durchaus das richtige Instrument sein kann, wenn zwei gleich hohe Einkommen zusammengeführt werden.
Mehraufwand für die Steuerverwaltungen
Ein weiteres Argument der Kantone, die sich gegen das neue Steuersystem aussprechen, ist der Mehraufwand für die Verwaltungen. Der Kanton Thurgau rechnet mit zusätzlichen 5 Millionen Franken im administrativen Aufwand. Finanzdirektor Urs Martin sagt: «In unserem Kanton müssten aufgrund dieser Vorlage 65'000 Steuererklärungen zusätzlich veranlagt werden.»
Es gibt bei Paaren eine gewisse wirtschaftliche Gemeinsamkeit. Wir müssen diese Mittel vergleichen.
Martin spricht von einem «riesigen Bürokratiemonster». Nicht nur wegen der Verarbeitung, so der Thurgauer Finanzdirektor: «Das führt zu Diskussionen: Wem gehört welcher Anteil am Haus oder am Auto? Die Steuerverwaltung muss sicherstellen, dass alles, was bislang gemeinsam besteuert wurde, nachher auf den beiden Steuerrechnungen der Ehepartner drauf ist.»
Die Verarbeitung sei das eine, die Gegenkontrolle das andere, so Martins Ausserrhoder Amtskollege Reutegger: «Es gibt bei Paaren eine gewisse wirtschaftliche Gemeinsamkeit. Wir müssen diese Mittel vergleichen.»
Ob das Kantonsreferendum zustande kommt, ist noch unklar. Zuerst müssen mindestens 8 kantonale Parlamente zustimmen. Die Kantone haben ab amtlicher Veröffentlichung des Gesetzes 100 Tage Zeit, das Referendum zu ergreifen. September-Sessionen in den Kantonsparlamenten sind noch in dieser Frist.
So oder so dürfte das Bundesgesetz zur Individualbesteuerung 2026 an die Urne kommen, weil auch das überparteiliche Komitee aus SVP, EVP, EDU und Mitte mit einem Referendum dagegen kämpft. Dafür müssen 50'000 Unterschriften zusammenkommen. Klappt entweder das Kantonsreferendum oder das Referendum des Komitees, kommt es zur Volksabstimmung.