Die Schweiz war im Zweiten Weltkrieg vordergründig neutral, kooperierte hinter den Kulissen aber mit den Alliierten gegen die Achsenmächte. Zu diesem Schluss kommt Jacques Baud, langjähriger Mitarbeiter des strategischen Geheimdienstes des Bundes und ehemaliger Berater bei der UNO und dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato.
Baud hat sein Berufsleben lang Gegenstände, Dokumente und Informationen über die Aktivitäten ausländischer Geheimdienste in der Schweiz gesammelt, in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, aber auch während des Kalten Kriegs.
Rund 500 Gegenstände stellt der Sammler aktuell im Museum Château de Morges aus: von gefälschten Pässen über eingenähte, textile Landkarten bis zu Sabotagekits. «Top Secret» heisst die Ausstellung, die eröffnet wird. Sie zeigt: Briten und Amerikaner haben von Bern aus ihre Geheimdienstoperationen geplant und durchgeführt.
Der Fokus lag auf Deutschland, Frankreich und Norditalien. Der Schweizer Geheimdienst wusste davon und hat ausländische Dienste unterstützt. Es ging um Sabotage- und Propagandaaktionen, aber auch um die Beschaffung und Verbreitung von Informationen über die Kriegsgegner. Dabei hatte die Schweiz Spionageaktivitäten offiziell verboten.
Die Briten irrten sich
Gemäss Baud vermuteten die Briten bei Kriegsausbruch auch, die Schweiz werde mit Nazi-Deutschland kollaborieren. Der britische Geheimdienst habe eine Equipe in die Schweiz entsandt, um im Gebirge Brücken und Tunnels zu zerstören.
Doch einmal in der Schweiz hätten die britischen Saboteure realisiert, dass die Schweiz auf der Seiten der Alliierten stand und dies auch nach London gemeldet. Also habe ihre Geheimdienstzentrale ihnen die Aufgabe gegeben, in der Schweiz eine Zelle für verdeckte Operationen in ganz Europa aufzubauen.
Auch der amerikanische Geheimdienstagent Allen Dulles, der spätere CIA-Chef, operierte von Bern aus. Dulles sei einer der letzten Ausländer gewesen, der 1942 bei Genf die Grenze in die Schweiz überquerte, so Jacques Baud.
Spionage und Gegenspionage
Nebst Briten und Amerikanern waren auch sowjetische und deutsche Agenten in der Schweiz. Die Deutschen hätten sehr genau gewusst, welche Geheimdienste von der Schweiz aus operierten, sagt Baud. Sie hätten die Funksignale abfangen können.
Die Deutschen betrieben Gegenspionage – und nicht nur sie. Denn am Ende hätten alle Kriegsparteien begonnen, sich gegenseitig auszuspähen. Auch die Schweiz betrieb Gegenspionage, um ausländische Aktivitäten zu enttarnen. Doch während die Schweizer Behörden deutsche Agenten für längere Zeit im Gefängnis behielten, kamen Spione der Alliierten binnen drei Wochen wieder frei.
Die Ausstellung zeigt ein Stück Geheimgeschichte.
Adélaïde Zeyer, Direktorin des Museums in Morges, ist von Jacques Bauds Sammlung angetan. Die Ausstellung zeige ein Stück «geheime Geschichte», eine Art «Schattenkrieg», so die Historikerin. Der Schweizer Geheimdienst sei gerade mit den Diensten der Alliierten extrem gut vernetzt gewesen.
Nach dem Krieg nützte das der Schweiz aber nur bedingt. Gerade die USA zeigten sich gegenüber der Schweiz und ihrer Rolle im Zweiten Weltkrieg äusserst kritisch.