Wenn Züri West ein neues Album herausbringt, dann ist dies die Titelstory für den «Tages-Anzeiger» und die «NZZ», für die «Berner Zeitung» und den «Blick». Der Normalfall ist aber eher das Gegenteil: Ein neues Buch, eine Ausstellung, eine Tanzaufführung – und kein Medium, das darüber berichtet.
Neue Online-Medien, die diese Lücke füllen wollen, haben oftmals Mühe, genügend Publikum zu erreichen und Geld zu erwirtschaften. Zum Beispiel Kultz: Das Luzerner Online-Magazin hört Ende Jahr auf.
Keine Zahlungsbereitschaft
Kultz wollte mehr sein als eine Online-Kulturagenda; mit Porträts von DJs und Künstlerinnen, mit speziellen Playlists, mit satirischen Beiträgen. Redaktionsleiter Martin Erdmann erklärt: «Es ist eine paradoxe Situation: Von den Klickzahlen her hat Kultz gut funktioniert, es ist uns aber nicht gelungen, diese Leserschaft zu Abonnennten zu machen.» Nur 700 Menschen zahlten für eine Mitgliedschaft bei Kultz.
«Dass das schweizerische Kulturschaffen in den grossen Zeitungen weitgehend verdrängt worden ist, ist ein sehr bedauerliches Symptom für die Entwicklung», sagt Ulrich Gut. Er ist Präsident des Vereins CH Interkultur, der die Kulturkritik und Kulturberichterstattung fördert.
Platz für Neues
Dieser Abbau biete aber auch Raum für andere Online-Medien und Magazine. Saiten etwa in der Ostschweiz, Proz, die ehemalige Programmzeitung aus Basel, oder das Kulturmagazin Frida aus Chur.
Dessen Redaktionsleiter Mathias Balzer sagt über die heutige Mediensituation: «Es ist eine ähnliche Situation wie mit den Bierbrauereien in den 1990er-Jahren. Die Brauereien wurden von Heineken, etc. aufgekauft, es gab nur noch grosse Bierbrauereien. Plötzlich aber gab es auch einige kleine Brauereien, von denen einige überlebt haben.»
Deutschschweizer Kulturstiftungen könnten mehr machen.
Diese neuen Medien bedienen oftmals ein kleines, speziell interessiertes Publikum: «Wir haben beispielsweise eine Serie gemacht und haben elf Performancekünstler aus der Schweiz porträtiert, Online sowie auch in einer gedruckten Ausgabe.»
Geringe Reichweite und wenig Ertrag
Doch mit einem solchen Angebot erreicht man nur wenige Menschen, und es wird finanziell schwierig. Manchmal springen Stiftungen ein. Die Solothurner Vogt-Stiftung etwa unterstützt die Nachrichtenagentur Keystone-SDA im Bereich Literatur- und Filmkritik und fördert regionale Online-Magazine.
Stiftungspräsidentin Anita Panzer betont aber gleichzeitig: «Stiftungen bevorzugen es, Anschub- oder Projektfinanzierungen zu leisten, mit der Hoffnung, dass die journalistischen Produkte irgendwann auf eigenen Beinen stehen.»
Doch dies reiche nicht aus, ergänzt Marco Baschera, der sich im Verband der Schweizer Stiftungen für die Förderung des Kulturjournalismus einsetzt: «Deutschschweizer Kulturstiftungen könnten mehr machen. Sie vergessen, dass die kritische Kulturberichterstattung in der Demokratie eine wichtige Rolle erfüllt und die Künstler in der Luft hängen, wenn ihre Dinge nicht gezeigt werden.»
Hilfe zur Selbsthilfe
Dann habe auch die Kulturförderung an sich nur wenig Sinn. Eine andere Idee bringt Ulrich Gut ins Spiel: «Wir setzen uns dafür ein, dass in der Kulturbotschaft, welche im Frühling in die eidgenössischen Räte kommt, der Kulturjournalismus grundsätzlich als Teil der Kulturpolitik anerkannt wird.»
Damit wäre der Weg frei, um auch über eine staatliche Förderung des Kulturjournalismus zu diskutieren. Doch allen Beteiligten ist klar: Es reicht nicht, nur nach mehr Geld zu rufen. Es braucht auch Hilfe zur Selbsthilfe.