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Gesetzliche Schranken fehlen Hass im Internet ist schwierig zu bekämpfen

Hassbotschaften und Todesdrohungen: Der Ton auf sozialen Netzwerken wie dem Messenger-Dienst «Telegram» hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich verschärft. SRF Data hat in knapp 90 Telegram-Gruppen und einer halben Million Mitteilungen untersucht, wie sich die Gegnerinnen und Gegner der Corona-Politik austauschen. Festgestellt wurden in bedenklich hoher Zahl Ausfälligkeiten, Gewaltaufrufe und Mordfantasien.

Aber nur eine Minderheit aller Telegram-Nutzer ist für das toxische Klima auf der Plattform verantwortlich. Trotzdem wächst die Zahl der lauten, wütenden und hasserfüllten Mitteilungen. Die Täterinnen und Täter posten ihre Hassbotschaften anonym, ohne zu riskieren, erkannt zu werden.

Und genau dies ist eines der zentralen Probleme im Umgang mit Hassbotschaften im Internet: Um die Identität von Täterinnen und Tätern herauszufinden, müssten die Technologie-Konzerne mitarbeiten. Weil diese ihren Sitz meist im Ausland haben, wird eine Rechtsdurchsetzung schwierig.

Beschimpfungen und Morddrohungen

Nationalrätin Jacqueline de Quattro (FDP/VD) ist eine der Politikerinnen, die Opfer von Hassbotschaften im Internet geworden ist. «Wie etwa 80 Prozent meiner Kolleginnen im Parlament wurde ich mehrmals Opfer von Beschimpfungen und Verleumdungen. Und manchmal auch Morddrohungen. Das geht einem nahe.»

De Quattro reichte jeweils Strafanzeige ein. Die Täter setzten sie aber danach noch stärker unter Druck und verlangten, dass sie die Anzeige wieder zurückzieht. «Dann ist man einmal Opfer der Drohung, dann wird es womöglich noch in den Medien publiziert und dann kommt noch der Druck, die Anzeige zurückzuziehen. Das ist schon etwas brutal.»

Morddrohungen gegen nationale Politikerinnen und Politiker sollten darum von Amtes wegen verfolgt werden, fordert De Quattro. Dass Betroffene also nicht mehr selber Anzeige machen müssen. Dies würde den Druck etwas verringern.

Schweiz für internationale Handhabe zu klein

Für Rechtsprofessor und Anwalt Urs Saxer wäre so ein Gesetzesartikel durchaus denkbar. Er löse aber noch nicht alle Probleme: «Die Schweiz ist zu klein, um im Alleingang Regelungen gegen grosse ausländische Technologie-Konzerne durchzusetzen.»

Das sieht auch Nationalrätin Tamara Funiciello (SP/BE) so, die sich ebenfalls gegen Hassbotschaften im Internet einsetzt: Im digitalen Raum seien es internationale Grosskonzerne, die das Geschehen bestimmten. Hier brauche es eine Koordination auf internationaler Ebene.

Einen möglichen Weg sieht Anwalt Urs Saxer bei einem Verordnungsentwurf der Europäischen Union, der in Arbeit ist. Die EU will damit die Tech-Konzerne zu Regeln und Verfahren verpflichten, um Hassbotschaften zu bekämpfen – notabene ohne dabei die Meinungsfreiheit der Nutzerinnen und Nutzer zu stark einzuschränken.

Meinungsfreiheit ohne Hassrede

Grundsätzlich sollen online dieselben Massstäbe wie offline gelten: Hassrede soll verboten sein und bei Verstössen geahndet werden.

Tamara Funiciello betont allerdings, das Problem der Hassrede sei nicht primär ein Problem der Nachrichten-Plattformen: «Wir haben ein Problem mit rechtsradikalem Gedankengut. Gewalt wird normalisiert und gewisse Parteien legen auch den Boden dafür, um diese Gewalt dann auch zu legitimieren.»

Vor allem Politikerinnen, die sich in der Öffentlichkeit exponieren, werden mit Hassbotschaften eingedeckt. Für die Betroffenen ist klar: Das Ei des Kolumbus ist noch nicht gefunden – selbst wenn die EU strenge Regelungen einführen würde.

Tagesschau, 10.02.2022, 19:30 Uhr

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