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Umsetzung von Spitalfusionen ist schwierig
Aus Echo der Zeit vom 04.11.2023. Bild: Keystone
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Gesundheitskosten Spardruck macht politisches Tabuthema Spitalfusion salonfähig

Trotz Diskussionen um Überkapazitäten kommt es selten zu Spital-Fusionen. In Basel-Stadt und Baselland wurde 2019 eine solche abgelehnt, doch nun werden Stimmen für einen neuen Anlauf laut.

Im Schnitt acht Prozent teurere Krankenkassenprämien per 2024, diese düstere Aussicht erhöht den Spardruck auf alle Beteiligten. Ein Ansatz wäre, Spitalbetten zu reduzieren oder gleich Spitäler zusammenzulegen oder zu schliessen.

Basel-Stadt und Basel-Landschaft wollten vor vier Jahren erstmals ihre Kantonsspitäler zusammenlegen - und wagten sich auf das Minenfeld Spitalfusion. Beide sind Träger der Universität Basel, und das Basler Unispital (USB) wäre mit fusioniert worden. «Wäre», denn die Fusion blitzte 2019 im Stadtkanton ab; der Landkanton sagte Ja.

BS/BL: Belastete Partnerschaft

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Wichtige Gründe für das Nein in Basel-Stadt zur Fusion der Kantonsspitäler waren 2019 linke Sorgen um Arbeitsbedingungen und Misstrauen wegen der Spital-Aktiengesellschaft mit ungleichen Anteilen: Der Stadtkanton hätte mehr Geld einschiessen sollen.

Nur fünf Jahre davor hatte Baselland erste Schritte für eine allfällige Wiedervereinigung der beiden seit 1833 getrennten Kantone an der Urne deutlich abgelehnt. Basel-Stadt hatte diese Vorlage angenommen. Diese politische Ohrfeige wirkt nach.

Spitalliste beider Basel

Angenommen wurde hingegen 2019 in beiden Basel eine koordinierte Gesundheitsplanung in Form einer gemeinsamen Spitalliste. Seitdem teilen sich die beiden Kantone kassenzulässige Behandlungsbereiche – was Überkapazitäten vermeiden soll.

Wie gut dies die Kosten dämpft, ist noch unklar. Der baselstädtische Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger verweist auf Indizien: «Wir sehen, dass die stationären Spitalbehandlungen sich moderater entwickeln als die ambulanten, die wir nicht planen.»

Nur vier Jahre später ist jetzt die Basler Spitalfusion politisch wieder auf dem Tisch: Mit einer Spitalfusion könnte man die Grundversorgung stärken und die Kosten dämpfen, sagt die Basler SP-Nationalrätin Sarah Wyss. Es wäre darum «ein wichtiges Zeichen, dass diese Spitalfusion wieder angepackt wird».

Auch die Baselbieter alt Nationalrätin der SP Susanne Leutenegger-Oberholzer hofft auf einen neuen Anlauf für die Spitalfusion, wie sie kürzlich in einer Talkrunde von TeleBasel sagte. Neben ihr sass der Basler FDP-Grossrat Luca Urgese, der zustimmte: «Das ist sicher etwas, was man anschauen muss.»

Spitalfusionen rar – Finanzprobleme häufig

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Letztmals gelungen ist eine grössere Spitalfusion 2021 mit den Kantonsspitälern von Luzern und Nidwalden. Inzwischen will auch das Obwaldner Kantonsspital unter dieses Verbundsdach. Und 2017 haben die Kantone Uri, Schwyz und Zug ihre ganze psychiatrische Grundversorgung zusammengelegt.

Teils hält der Spardruck aber auch nach Spitalfusionen an. Die Berner Insel-Gruppe, 2016 aus einer Fusion des Unispitals mit Regionalspitälern hervorgegangen, schliesst zwei Standorte und zentralisiert seinen Betrieb.

Die schwer defizitären St. Galler Spitäler kooperieren bereits in Verbunden und sollen nun ganz fusioniert werden. Mit dem Zusammenschluss sollen noch mehr Synergien genutzt und damit Kosten eingespart werden.

Pleitegeier kreist

Oft machen Infrastrukturkosten Spitälern Probleme; ausreichende Mittel für Investitionen sind schwierig zu erwirtschaften. Der Aargau musste sein Kantonsspital mit 240 Millionen vor dem Konkurs retten, weil es wegen Bauprojekten in Schieflage geraten war.

Auch dem Spital Uster droht der Konkurs, wenn die Trägergemeinden nicht 40 Millionen einschiessen. Fusionspläne mit dem nur zehn Kilometer entfernten Spital Wetzikon, das demnächst einen Neubau bezieht, waren 2020 abgeblasen worden.

Der Baselbieter FDP-Landrat Sven Inäbnit schliesst einen neuen Anlauf für eine Spitalfusion beider Basel nicht per se aus. Aber angesichts der finanziellen Herausforderungen sowie des Trends «ambulant vor stationär» pocht er vor allem auf eine breitere Diskussion, auch mit Blick auf die Nachbarkantone Solothurn und Aargau.

Der baselstädtische Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger gibt einem neuen Anlauf zur Spitalfusion indes wenig Chancen. 2019 sei die beste Lösung dafür auf dem Tisch gewesen.

Basel ist überversorgt.
Autor: Heinz Locher Gesundheitsökonom

Für den Gesundheitsökonomen Heinz Locher ist in den beiden Basel Handlungsbedarf gegeben: «Basel ist überversorgt.» Eine Spitalfusion sei jedoch nicht der beste Ansatz - damit drohten Emotionen und Streit.

Stattdessen schlägt Locher vor, Fakten offen zu diskutieren: Wie viele Spitäler die Region Basel wirklich brauche. Auch dies sei eine emotionale Diskussion, wie er einräumt: In St. Gallen und der Waadt seien Gesundheitsdirektoren abgewählt worden, weil sie Spitäler schliessen wollten.

Symbolik und Wettbewerb

Ein Zankapfel ist das Bruderholzspital, der zweite grosse Standort des Kantonsspitals Baselland. Der 1973 eingeweihte Bau war als Autonomiesignal des Landkantons gut sichtbar an die Stadtgrenze gebaut worden. Baselland plant einen Neubau, der dreistellige Millionen kosten dürfte.

Bruderholzspital
Legende: Bruderholzspital Keystone / Georgios Kefalas

Und auch das Unispital Basel will nicht nur einen seiner beiden Flügel ersetzen, sondern noch einen zusätzlich bauen. Unter dem Strich plant das Unispital Neubauten für rund 1,7 Milliarden Franken.

Zweifel an Expansionskurs

Seit dem Nein zur Fusion von 2019 forcieren die Kantonsspitäler beider Basel also jeweils den Aus- statt Abbau. Wiederholte Debatten über explodierende Gesundheitskosten lassen nun aber in den Parlamenten den Support für diesen teuren Expansionskurs erodieren.

Spitalprojekt in Basel
Legende: Das neue Klinikum 3 soll unter anderem helfen, den Spitalbetrieb während des Ersatzbaus des Klinikums 2 aufrechtzuerhalten. Herzog & de Meuron

Mitte Oktober hat der Basler Grosse Rat den Bebauungsplan des USB auf Eis gelegt, bis die Finanzierung geklärt ist. Dies, nachdem das USB dafür ein Darlehen von 300 Millionen beantragt hatte. Erst vor kurzem hat sich der Stadtkanton gut 90 Millionen Wertberichtigung bei seinem Altersspital wegen dessen Neubau ans Bein streichen müssen.

Echo der Zeit, 4.11.2023, 18 Uhr;

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