Es passierte Mitte März, kurz nach 16 Uhr. Oberstufenschülerinnen einer Lausanner Vorortgemeinde befanden sich auf dem Nachhauseweg. Da ging plötzlich eine Mädchengruppe auf eine andere Gruppe Schülerinnen los.
Die angreifenden Mädchen verprügelten ihre Altersgenossinnen mit Skistöcken und Eishockeyschlägern. Ein Jugendlicher machte ein Handyvideo, das Radio SRF einsehen konnte. Das Video zeigt, wie die Angreiferinnen mit ihren Schlagutensilien kommentarlos davonzogen.
Augenzeugen alarmierten die Polizei, die rasch erschien. Ein Mädchen war verletzt und musste ins Spital. Die Kantonspolizei will den Vorfall weiter nicht kommentieren. Sie betont, es sei im vorliegenden Fall «keine Strafanzeige eingegangen». Zudem stelle ihre Jugendabteilung fest, «dass die Gewalttaten von Mädchen in den letzten zehn Jahren zugenommen haben».
«Aussergewöhnlicher Fall»
Die Gewalteskalation wühlt die Schulleiterin des Oberstufenzentrums nach wie vor auf. Zum Schutz der Jugendlichen bat sie darum, den Namen «ihrer» Schule nicht zu nennen und wollte nur schriftlich Stellung nehmen.
Sie schreibt: «Es ist aussergewöhnlich, dass Konflikte zwischen Schülern solche Ausmasse annehmen und die Polizei eingreifen muss.» Der Konflikt habe ausserhalb der Schule und der Schulzeiten stattgefunden. Die ursprüngliche Auseinandersetzung habe zwischen zwei Schülerinnen unterschiedlicher Klassen bestanden.
Die Schulleiterin reagierte umgehend. Am Folgetag standen uniformierte Polizistinnen und Polizisten auf dem Schulareal. Der Kontakt zwischen den Mädchengruppen wurde eingeschränkt. Die Schulkrankenschwester und die Schulpsychologin besuchten eine der betroffenen Klassen, um die Möglichkeit zu geben, über das Geschehene zu reden.
Allen Schülerinnen und Schülern wurde mitgeteilt, welche Ressourcen ihnen im Konfliktfall zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wurden Gespräche mit den betroffenen Eltern geführt und für die Hauptprotagonistinnen des Konflikts ein Mediationsprozess eingeleitet.
Die Schule hat sehr gut reagiert und die richtigen Entscheidungen getroffen.
«Einen aussergewöhnlichen Vorfall», nennt es Patrik Manzoni, Soziologe und Experte für Jugendgewalt an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Die Schule hat gemäss ihm «sehr gut reagiert» und die richtigen Entscheidungen getroffen.
Sie habe mit der Polizei zusammengearbeitet, die Gruppen getrennt, den Kern des Konflikts angegangen und eine Mediation eingeleitet, mit dem Ziel, den Konflikt mindestens zu beruhigen.
Gemäss dem Soziologen hat die Jugendgewalt in den letzten Jahren insgesamt zugenommen, bei Mädchen und Knaben. Die Schule sieht er als zentralen Ort, wo die Werte des Zusammenlebens weitergegeben werden können, um Gewalteskalationen zu verhindern.
Klar ist: In der Lausanner Vorortgemeinde wurde durch entschiedenes Eingreifen ein Drama verhindert. Der Schulleiterin ist vor allem eines wichtig: «Die Konfliktbewältigung wurde einige Wochen nach dem Vorfall erfolgreich abgeschlossen. Die Situation hat sich inzwischen normalisiert.»