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Glaubensstreit um Masern: Besuch bei den Impfskeptikern
Aus Rundschau vom 24.04.2019.
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Glaubensstreit bei Masern Zu Besuch bei Impf-Skeptikern

  • Das Ziel, Masern auszurotten, ist ins Stocken geraten.
  • 2019 wurden schweizweit bislang 138 Masernfälle gemeldet.
  • Für die WHO ist Impfskepsis eines der zehn grössten Probleme für die Weltgesundheit.
  • Impfskeptiker fürchten sich vor allem vor Nebenwirkungen.

«Je mehr ich gelesen habe über das Impfen, desto mehr Angst habe ich davor bekommen», sagt eine junge Mutter. Ein Vater findet: In der Schweiz wachse seine Tochter wohlbehütet auf und müsse nicht gegen Masern geimpft werden.

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Melanie Maggiano macht sich Sorgen wegen der Inhaltsstoffe im Serum
Aus News-Clip vom 24.04.2019.
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Die Aussagen gegenüber der «Rundschau» stehen exemplarisch für viele impfskeptische Eltern in der Schweiz. Viele geben an, sich ausführlich informiert zu haben. Am Ende entschieden sie sich gegen das Impfen – aus Angst vor Nebenwirkungen und Langzeitschäden. Manche misstrauen auch den Behörden.

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Naturheilpraktikerin: «Masern kommt von sich mausern, grösser werden»
Aus News-Clip vom 24.04.2019.
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Viele impfskeptische Eltern informieren sich über das Internet. Doch sie suchen auch Rat bei Fachpersonen, etwa bei Naturheilpraktikern und Homöopathen. Hier werden sie oft in ihrer Skepsis bestätigt.

Masern seien eine Kinderkrankheit, die bei einem gesunden Kind das Immunsystem stärke, sagt etwa die Naturheilpraktikerin Nadja Röthlisberger. «Masern komme von sich mausern, grösser werden», erklärt sie in der «Rundschau».

Die Naturheilpraktikerin ist nicht kategorisch gegen das Impfen. In ihren Kursen zum Thema «Kinderheilkunde» sagt sie, jeder müsse für sich entscheiden, ob er impfe oder nicht.

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Aurelio Nosetti: «Impfung kann Autismus-Symptome entwickeln»
Aus News-Clip vom 24.04.2019.
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Auch der Kinderarzt Aurelio Nosetti aus Emmenbrücke (LU) betont, er überlasse den Impf-Entscheid den Eltern. Doch er informiere über mögliche Folgen. Der Kinderarzt ist überzeugt: «Geimpfte Kinder haben häufiger Allergien, vermehrt Infekte.»

Auch hätten sie möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Autismus. In seiner Praxis betreut er rund 400 Kinder. Die meisten Eltern, so sagt er, würden nicht mehr impfen, nachdem er sie über die Risiken informiert habe.

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Christoph Berger: «Weniger Infektionen dank Masern-Impfung»
Aus News-Clip vom 24.04.2019.
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Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Impfkommission, findet solche Aussagen «irreführend und gefährlich». Nosettis Behauptungen zu Nebenwirkungen seien durch Studien widerlegt. «Es ist ganz klar: Impfen fördert weder Allergien noch macht es mehr Infekte.» Auch der angebliche Zusammenhang zwischen Impfen und Autismus sei längst widerlegt.

Für Berger dürfen Masern nicht verharmlost werden. Er kritisiert Fachpersonen, die Masern als Krankheit sehen, die Kinder «durchmachen» müssten. «Das halte ich für sehr gefährlich, wenn Kinderärzte falsch informieren.»

Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat jeder zehnte Masernpatient Komplikationen, etwa eine Entzündung im Mittelohr, in der Lunge oder selten auch im Gehirn. In sehr seltenen Fällen könne Jahre nach einer Masernerkrankung eine fortschreitende Hirnschädigung auftreten, die unweigerlich zum Tod führe.

Ungleichgewicht bei Impfberatung

Trotz wissenschaftlicher Argumente ist die Impf-Skepsis in der Schweiz verbreitet. Corina Salis Gross vom Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung in Zürich stellt eine «extreme Verunsicherung» fest.

Mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung sei falsch informiert. «Der Impfentscheid hängt stark von Vertrauenspersonen ab», sagt Salis Gross zum Bericht der «Rundschau».

Die Forscherin stellt fest: «Seit Einführung des neuen Ärztetarifs Tarmed können Kinderärzte zwar die Impfung, nicht aber die zeitaufwändige Impfberatung abrechnen.» Das führe zu einem Ungleichgewicht. «Naturheilärzte, die vorwiegend impfkritisch sind, investieren viel Zeit in die Impfberatung», sagt Salis Gross.

Der Bund hat sich zum Ziel gesetzt, 95 Prozent aller zweijährigen Schweizer Kinder mit Impfungen vor Masern zu schützen. Denn laut WHO gelten Masern in einem Land dann als ausgerottet, wenn 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind. Die Schweiz verfehlt dieses Ziel: Die Masern-Impfquote liegt hierzulande bei 87 Prozent für die notwendigen zwei Dosen. Die erste Dosis haben 93 Prozent der Zweijährigen erhalten.

«Gefahr für die Weltgesundheit»

2019 wurden schweizweit bislang 138 Masernfälle gemeldet – vor einem Jahr zum selben Zeitpunkt waren es 17. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von einer weltweiten Zunahme der Masernfälle um 300 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum: 2019 waren es bislang 112‘163 Fälle, 2018 waren es im gleichen Zeitraum 28‘124. Die WHO sieht in der Impfskepsis eine «Gefahr für die Weltgesundheit».

Der in diesem Jahr bislang folgenreichste Masern-Fall in der Schweiz führt in die Steiner-Schule nach Biel. Laut BAG weisen «rund 50 Fälle eine Verbindung» zu dieser Schule auf. Zwar hatte der Berner Kantonsarzt alle nicht geimpften Schüler für drei Wochen von der Schule ausgeschlossen – trotzdem verbreiteten sich die Masern.

Für Christoph Berger von der Eidgenössischen Impfkommission ist Impfen etwas Solidarisches. «Damit schützen wir Babys, die man noch nicht impfen kann, und Immunschwache, die keine Impfung vertragen.» Der Arzt ist überzeugt: «Wir haben eine sehr wirksame Impfung. Wir könnten die Masern ausrotten, dann müssten wir nicht mehr impfen.»

Diskussion über Impfpflicht

Manche Länder in Europa setzen daher auf eine Impfpflicht. In Frankreich und Italien ist die Masernimpfung obligatorisch. Auch der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich für eine Masern-Impfpflicht in Kitas und Schulen ausgesprochen.

Die Schweiz geht einen anderen Weg. Auch wenn laut Christoph Berger Impfgegner viele falsche Behauptungen verbreiten: Er ist gegen eine Impfpflicht. Er setzt auch weiterhin auf Freiwilligkeit – und auf mehr Aufklärung.

Offizielle Impfempfehlung

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Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt die erste Impf-Dosis gegen Masern, Mumps und Röteln bei Kleinkindern im Alter von neun Monaten. Die zweite Dosis mit zwölf Monaten.

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An der Rundschau-Theke: Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit
Aus Rundschau vom 24.04.2019.
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