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Glückskette-Barometer Hat Corona die Solidarität in der Schweiz beschädigt?

Zu Beginn der Pandemie hat die Schweizer Bevölkerung eine sehr starke Solidaritätsbereitschaft demonstriert. 20 Monate später zeigt der Glückskette-Solidaritätsbarometer, dass sich die Wahrnehmung der Solidarität während der Covid-19-Pandemie verändert hat.

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Aus dem Archiv: Wie gespalten ist die Schweiz wirklich?
aus HeuteMorgen vom 29.11.2021. Bild: Keystone-SDA
abspielen. Laufzeit 1 Minute 59 Sekunden.

    Die Befragung zeigt: In der Wahrnehmung der Schweizer Bevölkerung hat die gesellschaftliche Solidarität in der Pandemie gelitten. Insbesondere die Befragten aus der Deutschschweiz nehmen eine Erosion der Solidarität wahr. 43 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Solidarität nachgelassen hat. Bei den Jungen empfanden 41 Prozent im Verlauf der Monate eine Abnahme der Solidarität. 17 Prozent der Befragten sind hingegen der Meinung, dass sie sich verbessert hat.

Die Solidarität wurde vorwiegend im privaten Umfeld gelebt und blieb dort auch bestehen: Fast ein Drittel der Personen, die sich zu Beginn der Pandemie für ihre Familienmitglieder oder für Personen in ihrer Nachbarschaft eingesetzt hatten, setzte ihre Hilfsaktivitäten fort.

Glückskette-Solidaritätsbarometer

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Der erste Glückskette-Solidaritätsbarometer wurde in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Sotomo im September 2021 ausgearbeitet. Mehr als 3'000 Personen aus den verschiedenen Sprachregionen der Schweiz nahmen an der repräsentativen Umfrage teil.

Darüber hinaus hielten 46 Prozent der Befragten den Kontakt und die Verbindung zu ihren Nachbarn aufrecht. Umfrage-Teilnehmende über 65 Jahre nehmen die Solidarität im persönlichen Umfeld heute gar positiver wahr als vor der Pandemie.

37 Prozent der Befragten gaben an, dass sich junge Menschen während der Covid-19-Pandemie besonders solidarisch zeigten, während 13 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden diese Altersgruppe als unsolidarisch bezeichneten. Obwohl jüngere Menschen weniger gefährdet sind als die über 65-jährigen, war ihr Alltag infolge der Schutzmassnahmen besonders stark eingeschränkt. Es sind vor allem die Jungen, welche einen Rückgang der Solidarität wahrnehmen.

Bei der Frage, wer mehr für Menschen in Not tun sollte, gingen die Meinungen zwischen den Generationen auseinander. Teilnehmende zwischen 18 und 35 Jahren waren mit 44 Prozent häufiger der Ansicht, dass der Sozialstaat seinen Beitrag für Menschen in Not erhöhen sollte, während Personen zwischen 35 und 65 Jahren besonders häufig der Meinung waren, dass die Familien und das Umfeld der Betroffenen mehr tun sollten.

Drei Fragen an Politgeograf Michael Hermann

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SRF News: Wirkt der nachbarschaftliche Solidaritätsschub der ersten Phase noch immer?

Michael Hermann: Ja, obwohl man in den Medien in letzter Zeit viel von Konflikten aufgrund unterschiedlicher Meinungen zur Corona-Impfung oder zu den Massnahmen lesen konnte. Ein Teil der nachbarschaftlichen Hilfe der ersten Phase wirkt bis heute nach. 40 Prozent der ehemals Engagierten geben an, dass gute Kontakte und Bindungen geblieben sind – vor allem in der Deutschschweiz.

Wieso sind in der Deutschschweiz trotzdem viele der Meinung, dass die Solidarität nachgelassen hat?

Die Opposition der Corona-Massnahmen findet vor allem in der Deutschschweiz statt. Die hitzige Debatte wird hier geführt, das sorgt für stärkere Gefühle der politischen Gräben. Man sah es auch bei der Abstimmung zum Covid-Gesetz: Nur in der Deutschschweiz war die Stimmbeteiligung rekordhoch. Hier nimmt man eher eine Entsolidarisierung der Gesellschaft wahr als in der Romandie.

Wo erkennt die Schweizer Bevölkerung den grössten Nachholbedarf beim Thema Solidarität?

Bei den vermögenden Menschen. Während der Pandemie ist der Gegensatz zwischen reich und arm weiter gestiegen. Es wird erwartet, dass die Wohlhabenden ihren Beitrag zur Solidarität leisten. Bei öffentlichen Spendenversprechen ist man aber skeptisch. Eine deutliche Mehrheit der Befragten ist der Ansicht, dass es besser ist, über gute Taten zu schweigen als darüber zu reden.

Die Solidarität wurde und wird während der Corona-Pandemie auf die Probe gestellt. Die Glückskette ruft die Schweizer Bevölkerung dazu auf, den Solidaritätsgedanken während der Solidaritätswoche vom 12. bis 17. Dezember 2021 und in der Folge neu zu beleben. Die Solidaritätswoche wird am 17. Dezember mit einem nationalen Sammeltag für Kinder in Not in der Schweiz und weltweit abgeschlossen.

Hier können Sie spenden

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Legende: Glückskette

Spenden für Kinder in Not in der Schweiz und weltweit können ab heute unter www.glueckskette.ch, auf dem Postkonto der Glückskette unter 10-15’000-6, Vermerk «Kinder in Not» getätigt werden.

Weitere Erkenntnisse der Studie

  • Bescheidenheit, eine echt schweizerische Tugend: Über 80 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass es besser ist, über gute Taten zu schweigen, als darüber zu reden. Diese Tendenz ist im Tessin noch ausgeprägter, wo über 90 Prozent der Teilnehmenden dieser Aussage zustimmen.
  • Die Pandemie verstärkt die sozialen Ungleichheiten: 17 Prozent der Befragten geben an, momentan weniger Mittel zur Verfügung zu haben als vor der Pandemie – 10 Prozent hingegen haben mehr Mittel zur Verfügung. Vor allem Personen mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 6000 Franken haben an finanziellem Spielraum verloren. Personen, die heute besser dastehen als vor der Pandemie, geben an, mehr finanzielle Unterstützung zu leisten.
  • 80 Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage zu: «Wer anderen Gutes tut, ist glücklicher.»

SRF 4 News, 10.12.2021, 09:00 Uhr;

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