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GPK-Bericht veröffentlicht Noch ist der Erpressungsfall Berset nicht abgeschlossen

Kein Missbrauch von Bundesmitteln – doch verschwundene E-Mails sorgen für Stirnrunzeln in der Kommission.

«Frau von Bersets Truppe plattgewalzt», titelte die «Weltwoche» im November 2020. Das Blatt enthüllte, dass Bundesrat Alain Berset ein Jahr zuvor von einer ehemaligen Geliebten erpresst worden war.

Ein Jahr später wurde diese verurteilt. Der Vorwurf der «Weltwoche»: Das Departement Berset habe Bundesbeamte missbraucht und Steuergelder verschleudert, um die Erpresserin unter Druck zu setzen.

Alles war rechtmässig und korrekt

Neun Monate lang haben die Geschäftsprüfungskommissionen GPK von National- und Ständerat die Angelegenheit nun untersucht. Ihr Fazit: Alles lief rechtmässig und korrekt ab. Es könne keine Rede davon sein, dass die Erpresserin von der Polizei härter angefasst worden wäre als üblich.

Vielmehr sei sie von einer Polizistin und zwei Polizisten in Zivil vor ihrem Haus angehalten worden. Zwar sei auch die Spezial-Einsatztruppe «Tigris» vor Ort gewesen, aber «unsichtbar im Hintergrund», erklärt Matthias Michel (FDP), Präsident der GPK des Ständerats. Alles sei «verhältnismässig» abgelaufen.

Wieso ist der Name der Frau geschwärzt?

Ungereimtheiten gibt es in einem einzigen Punkt: Die beiden GPK stützen sich dabei auf Abklärungen der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft, kurz AB-BA. Diese stellt fest, dass es unüblich, ja sogar «problematisch» sei, in einem Strafbefehl den Namen der Täterin zu schwärzen, damit er nicht bekannt wird, wie dies im vorliegenden Fall geschehen war.

Das verstosse gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die verlange, dass Strafverfahren grundsätzlich öffentlich seien. Überhaupt erscheinen der AB-BA die auffällig vielen schwarzen Stellen im Strafbefehl zur Berset-Erpressung «extensiv und unnötig».

Neue Fragen aufgetaucht

Die Angelegenheit ist mit dem positiven Bericht der GPK aber nicht erledigt. Der «Tages-Anzeiger» berichtet heute über eine angebliche «Löschaktion» von E-Mails im Departement von Bundesrat Berset.

Ich weiss auch nicht, was an E-Mails vorhanden war und was hätte gelöscht werden können.
Autor: Daniel Fässler Ständerat (Mitte) und Präsident der federführenden Subkommission

Die Zeitung habe gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Einblick in Unterlagen zum Erpressungsfall verlangt. Im Rahmen einer Schlichtungsverhandlung habe das Departement dann sinngemäss ausgesagt, die E-Mails des ehemaligen Generalsekretärs Lukas Bruhin seien nach seinem Ausscheiden aus dem Departement gelöscht worden oder nicht mehr auffindbar.

GPK wusste nichts von verschwundenen E-Mails

Davon habe man nichts gewusst, sagt nun Mitte-Ständerat Daniel Fässler. Er präsidiert die Subkommission, welche die Angelegenheit untersucht hat. «Ich weiss auch nicht, was an E-Mails vorhanden war und was hätte gelöscht werden können.»

Den GPK sei überhaupt nicht bekannt gewesen, dass ein Verfahren gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz laufe und bereits eine Schlichtungsverhandlung stattgefunden habe, sagt Fässler. «Es wäre schön gewesen, wir wären über diesen Umstand informiert worden», sagt er.

Für Fässler wirft die behauptete Löschung von E-Mails auf jeden Fall ganz neue Fragen auf. Deshalb: «Das ist ein Thema, das wir innerhalb der GPK nochmals besprechen müssen – ob es nochmals Untersuchungsbedarf gibt.» Damit kann unter den Erpressungsfall Berset also noch immer kein Schlussstrich gezogen werden.

SRF 4 News, Echo der Zeit vom 14.6.2022, 18:00 Uhr

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