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Grosse Pläne für St-Ursanne «Brauchen keinen Luxus»: Jurassisches Dörfchen bangt um Zukunft

St-Ursanne (JU) gilt als touristische Perle. Die Dorfoberen haben grosse Pläne, doch die Bewohner sind besorgt, dass ihr Zusammenleben zerstört wird.

Um St-Ursanne am Ufer des Doubs hat die Moderne einen grossen Bogen gemacht. Gegründet hat das Dorf der irische Mönch Ursicinus im 7. Jahrhundert, der als Kompagnon von Mönch Kolumban nach und durch Mitteleuropa zog.

Wie einen historischen Schatz pflegen die 800 Bewohnerinnen und Bewohner ihr Erbe. Das Stadtbild prägen mittelalterliche Befestigungsmauern, Türme, Tore, eine Brücke und die Kirche des ehemaligen Klosters samt Kreuzgang. Das Dorf liegt mitten im Naturpark Doubs. Aus historischen Brunnen plätschert Wasser. Auch Deutschschweizer sind fasziniert.

Neue Einnahmequellen müssen her

Das Dorf hat aber auch Probleme. Gleich zwei wichtige Hotels stehen zum Verkauf, während zwei weitere Hotels und ein Restaurant seit kurzem einer Waadtländer Hotelgruppe gehören, als Teil einer neuen Tourismusstrategie für St-Ursanne.

St-Ursanne in Bilder

Sein Dorf habe in den letzten 20 Jahren seine Metallindustrie und Uhrmacherfirmen verloren und brauche neue Einnahmequellen, stellt Gemeindepräsident Jean-Paul Lachat fest. Seine Strategie ist: St-Ursanne hat viele Tagestouristen. Diese sollen künftig in modernen Hotels im Dorf übernachten und Freizeitaktivitäten nachgehen.

Daran arbeitet auch Guillaume Lachat, der Tourismuschef des Kantons Jura. St-Ursanne forciere seinen Tourismus zu einem idealen Zeitpunkt, findet er. Gerade wollen viele Hoteliersfamilien ihre Gasthäuser verkaufen und es fehle an Nachfolgelösungen.

Ein definitiv anderes Hotel

Neu in St-Ursanne ist eine Hotelgruppe aus dem Kanton Waadt. Ihr Name: Definitely Different, definitiv anders. Ihr Ziel: Neue Tourismusdestinationen kreieren. In St-Ursanne betreibt die Gruppe ein Boutiquehotel mit Spa, ein Mittelklassehotel und sie baut ein altes Bistro zu einem Restaurant mit Erlebnisgastronomie um.

Exklusive Hotels gebe es in der Region keine, sagt ihr Geschäftsführer Emilien Sommier. Im wunderbaren St-Ursanne, mit seiner Energie und seinen tollen Dorfbewohnern fühle sich sein Unternehmen sehr wohl.

Mann in weissem Hemd vor Wand mit Kunstwerken.
Legende: Man treffe sich gerne in den Hotelbistros, doch nun drohe man im eigenen Dorf von zahlungskräftigen Touristen an den Rand gedrängt zu werden, sagt der Künstler und ehemalige FDP-Gemeinderat Michel Marchand. SRF/Philippe Reichen

Die Zuneigung der Dorfbevölkerung hält sich jedoch in Grenzen. Alles sei familiär, man brauche keinen Luxus. Man treffe sich gerne in den Hotelbistros, doch nun drohe man im eigenen Dorf von zahlungskräftigen Touristen aus Zürich, Basel und Genf an den Rand gedrängt zu werden, bedauert der Kunstmaler und ehemalige FDP-Gemeinderat Michel Marchand.

Frau hinter der Theke in einem Café mit Regalen und Tafel im Hintergrund.
Legende: Phaedra Othman wünscht sich eine wirtschaftliche Entwicklung für St-Ursanne, aber die Dorfbevölkerung und die Gewerbetreibenden sollen miteinbezogen sein. SRF/Phlippe Reichen

Spürt man vom touristischen Aufschwung schon etwas? Buchhändlerin Phaedra Othman schüttelt den Kopf. Sie hofft, dass in St-Ursanne wirtschaftlich etwas passiert. Aber sie wünscht sich auch, dass dabei das ganze Dorf eingebunden wird.

Rendez-vous, 07.08.2024, 12:30 Uhr

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