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Handelsabkommen mit der Türkei Spielen Menschenrechte bei der Unterzeichnung doch eine Rolle?

Die Unterschrift des Bundesrats unter dem Handelsabkommen fehlt noch. Und sie wird auch noch eine Weile nicht kommen.

Ignazio Cassis scheint die Frage unangenehm. Ein Schweizer Journalist will vom Aussenminister wissen: Was fehlt noch, damit das aktualisierte Freihandelsabkommen mit der Türkei in Kraft tritt? Und: Hängt die letzte Zustimmung der Schweiz zu diesem Abkommen auch von der Menschenrechtssituation in der Türkei ab?

Cassis schiebt die Frage an seinen türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu weiter. Der Ball beim Freihandelsabkommen liege bei der Türkei, so Cassis, also möge doch der türkische Minister die Frage nach möglichen Bedingungen beantworten.

Bundesratskollege legt Prozess auf Eis

Dieser antwortet sogleich: Beim Freihandelsabkommen gehe es nicht um Menschenrechtsfragen, weder in der Türkei, noch in der Schweiz. Tatsächlich ist jetzt die Türkei am Zug: So muss auch das türkische Parlament das Abkommen noch gutheissen. Danach aber müssen die Regierungen beider Länder ihre Zustimmung erklären.

Und das soll nicht sofort passieren, wenn es nach Wirtschaftsminister Guy Parmelin geht, wie jetzt bekannt wird – auch aus politischen Gründen.

So schreibt das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft Seco heute auf Anfrage von Radio SRF, zuerst müsse das Abkommen in der Türkei gutgeheissen werden: «Vor diesem Hintergrund und aufgrund des türkischen Einmarschs im Nordosten Syriens hat der WBF-Departementsvorsteher allerdings entschieden, die modernisierten Abkommen erst zu gegebener Zeit und nach einer Diskussion im Bundesrat und in den APK zu ratifizieren.»

Die Situation in der Türkei ist so angespannt, dass eine Unterzeichnung zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich nicht opportun wäre.
Autor: Tiana Moser Präsidentin APK Nationalrat

Wirtschaftsminister Parmelin sucht also noch einmal die Diskussion mit den APK, den Aussenpolitischen Kommissionen – obwohl das Parlament das Abkommen letztes Jahr bereits diskutiert und gutgeheissen hat. Ja sagte damals auch die Präsidentin der nationalrätlichen APK, die Grünliberale Tiana Moser – heute sagt sie: «Die Situation in der Türkei ist so angespannt, dass eine Unterzeichnung zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich nicht opportun wäre.»

Weitere Diskussionen überflüssig

Anders der Präsident der ständerätlichen Aussenpolitischen Kommission, Damian Müller von der FDP: Die Schweiz habe alle Diskussionen längst geführt – der Bundesrat solle jetzt vorwärts machen. «Sollte das Parlament in der Türkei das unterzeichnen, dann erwarte ich, dass der Bundesrat die Unterschrift ebenfalls unverzüglich daruntersetzt, weil wir das in unserem Schweizer Parlament bereits legitimiert haben.»

Wann Wirtschaftsminister Parmelin das Abkommen mit der Türkei noch einmal diskutieren will, sei derzeit noch offen, schreibt das Seco.

Info3 am Abend, 14.8.2020, 17 Uhr

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