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Hilfe für ältere Arbeitslose Der soziale Frieden steht auf dem Spiel

Dass der Ständerat die Überbrückungsleistungen zusammengekürzt hat, kommt nicht gut an. Nun melden sich die Sozialpartner zu Wort.

Es ist ein zartes Pflänzchen, das gegenseitige Vertrauen der Schweizer Sozialpartner: In der Diskussion um das Rahmenabkommen mit der EU wurde vorletzten Sommer sehr viel Geschirr zerschlagen.

Inzwischen redet man wieder miteinander und findet sogar Lösungen für aktuelle soziale Probleme. So soll unter anderem eine neue Sozialleistung dazu dienen, die Akzeptanz der Personenfreizügigkeit zu erhöhen: die Überbrückungsleistung (ÜL) für ältere Arbeitslose.

Für Ständerat ist die Lösung zu teuer

Bundesrat Alain Berset hatte die ÜL mit den Sozialpartnern ausgehandelt – nicht zuletzt, weil er im Abstimmungskampf zur Begrenzungsinitiative der SVP, über die am kommenden 17. Mai abgestimmt wird, etwas Konkretes in der Hand haben wollte. Doch einer bürgerlichen Mehrheit des Ständerates sind die ÜL zu teuer. Das neue Sozialwerk wurde zusammengestutzt.

Ständerat ist weniger grosszügig als Bundes- und Nationalrat

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Der Nationalrat hat in der Wintersession beschlossen, dass ausgesteuerte Arbeitslose über 60 Überbrückungsleistungen (ÜL) erhalten sollen. Dabei geht er allerdings insgesamt weniger weit als der bundesrätliche Vorschlag. Nach dem Vorschlag des Bundesrates würde die Überbrückungsleistung (ÜL) bis zur ordentlichen Pensionierung ausgerichtet. Der Ständerat dagegen will sie nur bis zur Frühpensionierung ausrichten – bis der Vorbezug einer Altersrente möglich ist. Auch die Obergrenze hat der Ständerat gesenkt. Diese Kürzungen gehen auf Anträge von FDP-Ständerat Ruedi Noser zurück.

Tage später gehen die Wogen immer noch hoch. So empört sich SP-Präsident Christian Levrat: «Wir waren dabei, wieder eine pro-europäische Koalition aufzubauen. Und durch den Widerstand von Economiesuisse gegen die Vorschläge des Arbeitgeberverbands wurde das Ganze jetzt weitgehend infrage gestellt.»

Man wollte solchen Menschen helfen, die kurz vor der Pensionierung arbeitslos werden und nach zwei Jahren auf dem Sozialamt landen. Und damit auch die Personenfreizügigkeit mit der EU retten.

Es geht darum, das Thema aufzunehmen und jenen Kreisen, die wegen der Personenfreizügigkeit unter Umständen Probleme haben, eine Lösung anzubieten.
Autor: Roland Müller Direktor Arbeitgeberverband

Auch beim Arbeitgeberverband herrscht Konsternation über den Entscheid des Ständerates. «Es geht darum, das Thema aufzunehmen und jenen Kreisen, die wegen der Personenfreizügigkeit unter Umständen Probleme haben, eine Lösung anzubieten. Und das tut die Überbrückungsleistung. Und deshalb stehen wir auch dahinter», sagt Roland Müller, der Direktor des Arbeitgeberverbandes.

Gemeinsam für ein wuchtiges Nein

Doch die Gegenseite hat ein weiteres Argument: Sie wollen den Gewerkschaften nicht auf Vorrat entgegenkommen, nur damit diese helfen, die SVP-Begrenzungsinitiative zu bekämpfen.

Inhalt der Begrenzungsinitiative

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Die von der SVP lancierte Initiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitaitve)» will, dass die Schweiz die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig regeln kann. Bei Annahme der Initiative soll der Bundesrat innerhalb eines Jahres das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU kündigen, falls es nicht in Verhandlungen ausser Kraft gesetzt werden kann. Der Initiativtext verbietet zudem, andere Abkommen abzuschliessen, mit denen ausländischen Staatsangehörigen eine Personfreizügigkeit gewährt würde. Die Abstimmung über die Initiative findet am 27. September statt.

So müsse man laut Damian Müller, Ständerat (FDP/LU) «gemeinsam dafür einstehen, dass es ein wuchtiges Nein gibt.» Dann sei er bereit, mit den Gewerkschaften darüber zu sprechen, zu welchem Tarif und wie die Zukunft gestaltet werde. «Dass wir im Bereich der Überbrückungsleistung Lösungen erarbeiten müssen, ist klar», sagt Müller, «aber dann will ich, dass wir auch eine Lösung beim institutionellen Rahmenabkommen haben».

Vertrauensbasis fehlt

SP-Präsident Christian Levrat verteidigt seine Idee, aus dem Kampf gegen die Begrenzungsinitiative ein positives Momentum auszulösen, um in der Europa-Politik Fortschritte zu machen. «Dies bedingt, dass die Vertrauensbasis da ist.» Doch er gibt zu bedenken, dass diese wegen des Entscheids im Ständerat «krass fehle».

Die Sozialpartner hoffen nun auf den Nationalrat. Damit das neue Vertrauen ineinander nicht schon wieder zerstört wird.

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