Zum Inhalt springen

Hilfsorganisationen enttäuscht Parlament verbietet Geflüchteten das Reisen – und wird kritisiert

  • Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat das vom Parlament beschlossene Reiseverbot für vorläufig Aufgenommene als unverhältnismässig kritisiert.
  • Die UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR bedauerte den Entscheid und nannte diesen in einer Mitteilung «streng».
  • Ursprünglich sollte es vorläufig Aufgenommenen nicht erlaubt sein, in ihr Heimatland zu reisen. Das Parlament beschloss aber, dass sie auch nicht in ein Schengenland reisen dürfen.

Das Reiseverbot werde der schwierigen Lage zahlreicher Familien nicht gerecht, die aufgrund von Flucht und Verfolgung getrennt worden seien und in verschiedenen Schengenstaaten Zuflucht gefunden hätten, schreibt das UNHCR-Büro für die Schweiz in seiner Mitteilung.

Parlament verbietet Auslandsreisen

Box aufklappen Box zuklappen
Leerer Nationalratssaal.
Legende: Keystone

Der Nationalrat ist am Montag auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt und hat beschlossen, dass vorläufig in der Schweiz aufgenommene Personen nicht ins Ausland reisen dürfen – auch nicht in den Schengenraum. Damit sei aus einer Vorlage, die eigentlich Reisen vorläufig Aufgenommener ins Herkunftsland habe unterbinden sollen, ein generelles Reiseverbot geworden, monierte links-grün. Von rechts hiess es dagegen, das Verbot von Heimatreisen lasse sich nur ohne Ausnahmen für Reisen ins restliche Ausland durchsetzen – ansonsten werde es umgangen.

Einigkeit besteht zwischen den Räten bei der Lockerung der Bedingungen für einen Kantonswechsel. Vorläufig Aufgenommenen soll der Zugang zum Arbeitsmarkt dadurch erleichtert werden, dass sie neu für eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz den Wohnkanton wechseln dürfen. In der Frage der Frist schloss sich der Nationalrat am Montag dem Bundes- sowie dem Ständerat an. Damit ist ein Kantonswechsel erst nach zwölf Monaten möglich. (sda)

Die neue Regelung verschlechtere die Rechtsstellung der Betroffenen weiter. Das UNHCR hofft laut eigenen Angaben, dass das Staatssekretariat für Migration (SEM) den verbleibenden Gesetzesspielraum auf Verordnungsebene nutze und in dringenden humanitären Fällen eine Auslandsreise erlauben werde.

Schweizer Flüchtlingshilfe ebenfalls enttäuscht

Auch die Flüchtlingshilfe (SFH) fordert vom Bundesrat, in den Ausführungsbestimmungen nun keine weiteren Einschränkungen vorzunehmen. Die geltenden Ausnahmemöglichkeiten müssten vielmehr zwingend beibehalten und ergänzt werden.

Aus Sicht der SFH ist das Reiseverbot unvereinbar mit den verfassungs- und völkerrechtlich geschützten Grundrechten, etwa der Bewegungsfreiheit und dem Recht auf Familienleben. Die Verschärfung sei unnötig, seien doch schon heute Auslandsreisen für vorläufig Aufgenommene bewilligungspflichtig und nur unter strengen Bedingungen erlaubt.

SRF 4 News, Nachrichten, 07.12.2021, 03:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel