Zum Inhalt springen

Hinterbliebenenrente Darum sollen Witwer- und Witwenrenten angepasst werden

Der Bundesrat will Witwer und Witwen künftig gleich behandeln und ihre Renten den gesellschaftlichen Realitäten anpassen. Die Mehrheit der politischen Parteien begrüsst den Vorschlag. Doch Betroffene sind enttäuscht und warnen vor Armut im Alter.

Darum geht es: Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) hat über mögliche Reformen bei den Renten für Witwen und Witwer diskutiert. Stirbt der Partner oder die Partnerin, so erhalten Hinterbliebene eine AHV-Rente. Ohne Trauschein sind sie schlechter gestellt als Verheiratete. Bei den Verheirateten waren die Renten für Witwer bis vor kurzem weniger gut ausgestattet als jene für Witwen: Erhielten Witwen die Rente lebenslänglich, verfiel der Rentenanspruch für Witwer, sobald das jüngste Kind volljährig wurde. Gegen diese Ungleichbehandlung hatte sich ein Ostschweizer Witwer erfolgreich gewehrt.

«Beeler gegen die Schweiz» – die Vorgeschichte: Nach dem Tod seiner Frau erhielt Max Beeler eine Witwerrente. Er kündigte seine Stelle und kümmerte sich um seine beiden Kinder. Als das jüngste Kind 18-jährig wurde, erhielt der Witwer keine Rente mehr. Damals war er 57-jährig.

Beeler zog den Fall bis vor Bundesgericht. Dieses stellte 2011 zwar fest, Mann und Frau würden ungleich behandelt. Doch sei das so gewollt gewesen im AHV-Gründungsjahr 1948. Max Beeler brachte seinen Fall nach Strassburg vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser bestätigte 2022: Die Rentenpraxis der Schweiz diskriminiert Männer. Bis eine gerechte Lösung vorliegt, gilt vorübergehend eine lebenslängliche Rente auch für Witwer. 2024 hat Max Beeler die ausstehenden Zahlungen erhalten.

Weniger für alle – Das will der Bundesrat : Der Bundesrat will nun die Renten für Hinterbliebene den aktuellen gesellschaftlichen Realitäten anpassen, unabhängig von Zivilstand und Geschlecht. Doch dafür will er nicht die Übergangslösung mit lebenslangen Renten gesetzlich verankern. Er will die lebenslangen Hinterbliebenenrenten abschaffen. Neu sollen nur Hinterbliebene mit Kindern eine Rente erhalten, und zwar bis das jüngste Kind 25-jährig wird.

Verwitwete ohne Kinder erhalten künftig keine Rente mehr. Der Bundesrat verspricht Lösungen für Armutsbetroffene und sozialverträgliche Übergangslösungen. Mit der vorgeschlagenen Regelung spart die AHV im Jahr 2035 rund 700 Millionen Franken.

Die Parteien sind gespalten : Das sei der richtige Weg – so äussern sich die Parteien des bürgerlichen Spektrums: Mitte, GLP, FDP und SVP. Die SVP stört sich daran, dass die Schweiz diesen Schritt nach einer Rüge aus Strassburg macht. Die Mitte-Partei legt den Finger auf die Altersarmut, die mitgedacht werden müsste bei der konkreten Umsetzung. Für die Parteien links der Mitte – also für SP und Grüne – ist der Vorschlag eine Sparübung auf Kosten der Frauen. Sie lehnen ihn ab. Betroffene sind enttäuscht, Fachorganisationen warnen davor, dass so mehr Menschen auf Sozialhilfe angewiesen sein werden.

Info 3, 12.4.2024, 17:00 Uhr;kobt

Meistgelesene Artikel