Die Pfaffneren ist eigentlich ein ruhiger Bach. Sie fliesst aus dem luzernischen Hinterland in die Aare. Normalerweise steht der Wasserpegel im aargauischen Dorf Vordemwald bei knapp 30 Zentimetern. Ende Juni aber schwoll der Bach nach heftigen Regenfällen innert Kürze massiv an. Bis zu drei Meter hoch stand das Wasser, bevor die Mess-Station defekt ging.
Auch gut vier Monate nach der Flut sind die Menschen im 2000-Seelen-Dorf gezeichnet von diesem Ereignis. Dies wurde auch an einer sehr gut besuchten Informationsveranstaltung am Donnerstagabend spürbar. «Es passierte so schnell. Ich ging noch in den Keller nachsehen, da krachte es schon, die Fenster brachen ein und das Wasser stieg. Man ist absolut machtlos, kann einfach nur zuschauen», erzählt einer von ihnen dem SRF-Reporter.
Zwei ältere Menschen schildern im Gespräch, wie sie von den Nachbarn aus dem Keller gerettet werden mussten. Hätten die Nachbarn nicht die Türe mit einem Holzbeil zerschlagen, wären die beiden vielleicht ertrunken.
Zwei Jahrtausend-Hochwasser in zwei Wochen
Seit dem Sommer ist viel passiert. Die Schäden am Ufer der Pfaffneren wurden behoben, eine beschädigte Brücke wird in diesen Tagen saniert, die Gemeinde hat mobile Hochwassersperren für die Feuerwehr bewilligt. Es wurden bereits Millionen ausgegeben für Aufräum- und Reparaturarbeiten.
Die Spuren sind trotzdem noch nicht beseitigt: In den Kellern der Gemeindeliegenschaften stehen immer noch Trocknungsgeräte, der Kindergarten ist in einem Provisorium untergebracht. Vor allem aber: Die Angst vor einem nächsten Hochwasser bleibt präsent.
Denn nach der Flut vom 24. Juni wurde Vordemwald gleich noch ein zweites Mal getroffen. Nur zwei Wochen später trat die Pfaffneren schon wieder über die Ufer, überschwemmte abermals viele Keller. Das gibt zu denken, denn eigentlich sollte der Bach vor Hochwasser geschützt sein. Ende letzten Jahres erst wurden verschiedene Schutzbauten für insgesamt fünf Millionen Franken fertiggestellt.
Es war ein Extremereignis.
Doch für solche Wassermassen seien die Schutzbauten gar nicht ausgelegt, erklärte Gemeindeammann Max Moor. Sie schützen vor einem Hochwasser, wie es statistisch alle 100 Jahre vorkommt. In Vordemwald gab es aber quasi zwei Jahrtausend-Hochwasser innerhalb von zwei Wochen. Der Gemeindeammann fragt sich denn auch, ob die aktuellen Vorgaben noch zeitgemäss seien.
Hochwasserschutz ist auch Privatsache
Vielleicht müsse man das sogenannte «100-jährige Hochwasser» neu definieren, so Max Moor. Denn der Klimawandel führt zu häufigeren und heftigeren Unwettern, wie auch ein Experte beim zuständigen kantonalen Amt bestätigt. Gemeinde und Kanton könnten aber keinen vollständigen Schutz garantieren, betonte Gemeindeammann Moor am Infoabend.
Gefordert seien auch Hauseigentümer und Architektinnen: Es mache zum Beispiel Sinn, wenn ein Lichtschacht erhöht gebaut werde und nicht bodeneben. Verschiedene Bewohnerinnen und Bewohner in Vordemwald erzählen, dass sie nun zum Beispiel Panzerglas bei Kellerfenstern verbauen oder ihre Garagentore stabilisieren wollen.
Neben diesen eher langfristigen Massnahmen wurden am Infoabend auch kurzfristige Lösungen diskutiert, mit denen man Schäden verhindern könnte. Die Gemeinde soll zum Beispiel Sandsäcke zu günstigen Konditionen abgeben. Vordemwald rechnet ganz offensichtlich mit einer nächsten Flut – und will gewappnet sein.