«Wir sind im Zeitplan. Der Durchstich in Thalwil wird noch dieses Jahr erfolgen.» Für den Kanton Zürich sind das gute Nachrichten, die Gesamtprojektleiter Adrian Stucki an einer Baustellenbesichtigung mitteilen konnte.
Die Bohrungen für den Entlastungsstollen zwischen Langnau am Albis und Thalwil gehen damit in die entscheidende Phase.
Ein Stollen für den Schutz von Zürich
Für den Kanton Zürich handelt es sich um ein Prestigeprojekt. Es geht um nicht weniger als den Schutz der Zürcher Innenstadt vor einem Extremhochwasser. Um den Schutz vor einer Katastrophe, wie sie vor knapp 20 Jahren in Zürich beinahe passiert wäre.
Heftige Niederschläge hatten 2005 vor allem im Kanton Bern zu massiven Schäden geführt. Wäre das Unwetterzentrum über dem Einzugsgebiet der Sihl gelegen, hätte der Fluss weite Teile der Stadt Zürich überflutet – vor allem Innenstadt und Hauptbahnhof.
So kam Zürich damals mit einem blauen Auge davon. Die Sihl stieg zwar bedrohlich an und sorgte für Schäden von rund 15 Millionen Franken. Experten gehen aber davon aus, dass ein Hochwasser in Zürich bis zu 6.5 Milliarden Franken Schaden anrichten könnte.
Dieses enorme Schadenpotenzial hat den Kanton Zürich aber veranlasst, mehr in den Hochwasserschutz zu investieren. So wurde die Sohle der Sihl bereits 2007 abgesenkt, um die Durchflussmenge unter dem Hauptbahnhof hindurch zu erhöhen.
Eine weitere Massnahme stellt nun der Entlastungsstollen dar, der bei Extremwetter das Wasser aus der Sihl durch einen Tunnel direkt in den Zürichsee leitet.
Eine Art Zug bohrt sich durch mächtigen Fels
Der Bau dieses Entlastungsstollens ist aktuell in vollem Gang. Eine mächtige Tunnelbohrmaschine gräbt sich durch den Zimmerbergfelsen. 45 Schneideringe sind an ihrem Kopf befestigt. Die 160 Meter lange Bohrmaschine drückt mittels Hydraulik mit 4500 Tonnen gegen das Gestein.
Die ausgefräste Röhre wird weiter hinten im Bohrzug verkleidet, mit vorgefertigten Betonelementen entsteht so die Tunnelwand. Der Stollen wächst jeden Tag um rund 30 Meter. Das herausgebrochene Gestein wird mit Güterwagen abtransportiert und auf einer Deponie entsorgt.
Maschine bohrte schon am Gotthard
Bislang sind die Bohrarbeiten reibungslos verlaufen. «Glücklicherweise haben wir bis jetzt keine Überraschungen erlebt», sagt Gesamtprojektleiter Adrian Stucki.
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Bild 1 von 5. Der Bohrkopf mit seinen Schneideringen drückt gegen den Fels. Bildquelle: SRF/Ayla Martis.
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Bild 2 von 5. Hinter dem Bohrkopf wird der Tunnel mit Betonelementen verkleidet. Bildquelle: SRF/Ayla Martis.
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Bild 3 von 5. Bislang sind rund 1.5 Kilometer des Entlastungsstollens fertig gebohrt. Bildquelle: SRF/Ayla Martis.
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Bild 4 von 5. Der Entlastungsstollen stellt bald eine Verbindung zwischen der Sihl und dem Zürichsee her. Bildquelle: SRF/Ayla Martis.
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Bild 5 von 5. Mit ihm wird sichergestellt, dass die Stadt Zürich künftig nicht von einem Extremhochwasser betroffen sein sollte. Bildquelle: SRF/Ayla Martis.
«Am Anfang kann man Probleme nie ganz ausschliessen, aber jetzt wird die Wahrscheinlichkeit, dass noch Überraschungen kommen, immer kleiner.»
Von den gut zwei Kilometern Bohrdistanz bleibt aktuell nämlich nur noch etwas mehr als ein halber.
Der Kanton Zürich informiert über den Hochwasserschutz
Läuft alles nach Plan, wird die Tunnelbohrmaschine, die auch schon beim Bau eines Zusatzstollens für die zweite Gotthardröhre eingesetzt wurde, im nächsten Monat in Thalwil herausstechen – in einem dicht besiedelten Gebiet.
Adrian Stucki gibt sich aber zuversichtlich, dass die Maschine so gut wie keine Erschütterungen verursachen sollte.
Mit dem Durchstich sind die Arbeiten am Entlastungsstollen aber noch nicht abgeschlossen. So muss etwa in Thalwil noch der Auslaufkanal gebaut werden. Dieser wird dereinst fast fünf Meter unter der Wasseroberfläche liegen.
Fertiggestellt ist das Projekt voraussichtlich 2026. Bis es zum ersten Mal gebraucht wird, vergehen hoffentlich noch etliche Jahre mehr.