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Illegale Geldspielszene Urteil im «Fall Antepay»: Nur die Spitze des Eisbergs

Diese Woche ist ein wichtiger Drahtzieher im «Fall Antepay» verurteilt worden. Obwohl er bereits wieder auf freiem Fuss ist, ist das Urteil für den Fall wichtig. Thomas Fritschi von der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) erklärt, wie schwierig der Kampf gegen die illegale Geldspielszene ist.

Thomas Fritschi

Leiter des Sekretariats der Eidgenössischen Spielbankenkommission

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Thomas Fritschi ist seit 1. April 2022 Leiter des Sekretariats der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK). Zuvor leitete er die Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten. 

SRF News: Wie gross ist die illegale Geldspielszene in der Schweiz?

Thomas Fritschi: Wir vermuten, dass wir mit dem publik gewordenen Urteil nur die Spitze des Eisbergs kennen. Wir haben keine konkreten Zahlen oder gar eine Lagekarte für die gesamte Schweiz, was den Bereich des illegalen Geldspiels betrifft. Dies hat verschiedene Gründe. Ein wesentlicher Grund ist, dass die Zuständigkeit bei der Verfolgung des illegalen Geldspiels geteilt ist zwischen Bund und Kantonen.

Der Kampf gegen die illegale Geldspielszene ist also schwierig. Können Sie das ausführen?

Die rechtlichen Grundlagen sehen eine geteilte Zuständigkeit vor. Das heisst, wir als ESBK sind für die Bekämpfung des illegalen Spielbankenspiels zuständig – also Automaten, die Spielbankenspiele in Hinterzimmern von schummrigen Lokalen anbieten. Im konkreten Fall ist es aber auch so, dass sogenannt gemischte Plattformen angeboten wurden.

Ich hoffe, dass es ein grosser Fisch ist, weil es sind enorme Summen, die hier verdient wurden.

Das heisst, es ging auch um illegale Wettspiele. Die Zuständigkeit für die Regulierung der Wetten ist bei der interkantonalen Aufsichtsbehörde respektive für die Strafverfolgung bei den Kantonen. Das bedingt eine grosse Koordination und Absprachen, damit wir gemeinsam die beste Möglichkeit finden können, wer ein solches Verfahren führt.

Ist das Netzwerk hinter Antepay ein grosser Fisch im illegalen Geldspielbereich?

Ich hoffe, dass es ein grosser Fisch ist, weil es sind enorme Summen, die hier verdient wurden. Wir und die Kantone führen weitere Verfahren. Wie gross diese Netzwerke sind, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Wir wissen nur von den Fällen, von denen wir weitere Verfahren eröffnet haben. Ob es allenfalls noch unbekannte Netzwerke gibt, die wir gar nicht erkannt haben, können wir im Moment nicht beurteilen.

Ist es trotzdem möglich, dass durch diese Verhaftung ein Vakuum in der Geldspielszene entsteht?

Auch das ist zu wünschen, dass mindestens im Bereich dieser Organisation ein gelungener Schlag vollbracht werden konnte. Leider zeigt die Erfahrung, dass Nachfolgemodelle relativ schnell diese Plätze übernehmen. Es ist etwas wie mit dem Unkraut. Wenn man nicht wirklich die Spitze der Wurzeln erwischt, dann stösst nach einiger Zeit dieses Unkraut wieder nach. Das ist leider auch im Bereich des illegalen Geldspiels so.

Wie ist der «Fall Antepay» in der Schweiz von der Grössenordnung her einzuordnen?

Es ist sicher ein sehr schwerer Schlag und eine sehr gelungene Ermittlung, die die Strafverfolgungsbehörden im Kanton Zürich gemacht haben. Man muss wissen, dass das illegale Geldspiel oft auch verknüpft ist mit kriminellen Organisationen, die eben nicht nur «illegales Geldspiel» betreiben, sondern auch in anderen Deliktsbereichen tätig sind.

Zürcher Ladenbesitzer wäscht Mafiagelder

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Im «Fall Antepay» rund um dubiose Bezahlkarten, illegales Glücksspiel und den FC Zürich ist bereits im April dieses Jahres der Betreiber eines türkischen Lebensmittelladens im Langstrassenquartier verurteilt worden.

Vor Gericht gab er sich als einfacher Gemüsehändler, der von nichts gewusst haben will: Der 60-Jährige wurde unter anderem der schweren Geldwäscherei in einem abgekürzten Verfahren schuldig gesprochen.

Laut Urteil des Bezirksgerichts Zürich hat er während drei Jahren 10.5 Millionen Franken aus verbrecherischen Tätigkeiten gewaschen. In seinem Laden nahm er bis zu sechsstellige Beträge in bar entgegen, wechselte sie in andere Währungen, transferierte sie weiter und verschleierte so ihre illegale Herkunft. Für ihn schaute ein Gewinn von über 100'000 Franken heraus.

Insofern sind wir dankbar, dass eine kantonale Staatsanwaltschaft ein Verfahren geführt hat und auch in anderen Bereichen Delikte nachweisen konnte, weil wir als ESBK nur Delikte im Bereich des illegalen Geldspiels nachweisen können. Wir haben auch nicht die Möglichkeit, Observationen oder Telefonkontrollen durchzuführen. Das alles konnte die kantonale Staatsanwaltschaft, darum ist es ihr gelungen, einen Schlag gegen diese Organisation durchzuführen.

Das Gespräch führte Peter Hanselmann.

Newsplus, 11.7.2024, 16 Uhr ; 

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