«Krücken kann man ihm keine geben», sagt Tierärztin Daniela Haldi nach der Untersuchung. Der erste Patient an diesem Tag hat sich an der Hüfte verletzt. So schwer, dass man nichts mehr machen könne. Das Kalb muss vom Metzger später getötet werden. Für Bauer Stephan Perreten keine gute Nachricht: «Es ist schon traurig, dass es nicht weitergeht.»
Auch für die junge Tierärztin ist es nicht immer einfach. Doch der Tod gehöre dazu. Und sie habe lernen müssen, damit umzugehen: «Wenn zehn Dinge gut liefen an einem Tag und etwas lief nicht gut, dann bleibt dir am Abend das, was nicht gut lief.» Sie versuche nun jeweils aktiver auch an die positiven Dinge zurückzudenken, erklärt sie im Auto. Dort wo sie einen grossen Teil ihres Arbeitstages verbringt. Auf dem Weg von Hof zu Hof.
Schon als Kind wollte die heute 28-Jährige Tierärztin werden. Ihr Onkel hatte ebenfalls einen Bauernhof. Der Weg dahin sei nicht immer leicht gewesen. Das Studium war intensiv. Der Einstieg in die Berufswelt nicht immer einfach. Die Verantwortung gross. Es habe sich aber gelohnt, erzählt sie mit einem Lächeln. Seit über einem Jahr arbeitet sie nun in der Nähe ihrer Heimat im Berner Saanenland.
Untersuchungen wegen Lungenentzündungen oder Kontrollen, ob eine Kuh trächtig ist, sind für sie Alltag. Der Beruf ist körperlich anstrengend und die Arbeit teilweise schmutzig. Ist das nicht eklig? «Nein», schmunzelt Daniela Haldi. Das gehöre dazu, sagt sie und fügt an: «Ich verstehe, wenn das nicht jeder machen will, aber mich stört es nicht.»
Daniela Haldi untersucht aber nicht nur die grossen Tiere, sondern auch die kleinen. Am Nachmittag tauscht sie Auto gegen Praxis. Impfen, kontrollieren, kastrieren. Bulldogge Tyson hat jedoch keine Freude an seinem Impftermin.
Aufgrund der Nähe zu Gstaad habe man vor allem im Sommer und Winter auch viele Touristinnen und Touristen, die mit ihren Haustieren die Praxis aufsuchen. Die Besitzerinnen und Besitzer seien bei den Haustieren häufiger gewillt, noch mögliche Untersuchungsansätze zu verfolgen. Die Nutztiere seien für die Landwirte deren Erwerb, da müsse sich die Tierhaltung am Ende dann auch finanziell lohnen.
Hinzu gäbe es auch viel mehr medizinische Möglichkeiten bei den Kleintieren. So wie beim alten, kranken Kater Caramel. Ein Röntgenbild soll Aufschluss geben. Praxisinhaber Felix Neff und Daniela Haldi beäugen es genau. Der Praxisinhaber ist stolz auf seine Mitarbeiterin: «Sie hat sehr grosse Freude am Beruf. Sie will das wirklich. Sie erinnert mich an mich.»
Caramel erhält Flüssigkeit und einen Termin für den nächsten Tag. Dort wird dann entschieden, ob man dem Kater noch helfen kann. Der Tod zeigt sich auch hier als ständiger Begleiter im Arbeitsalltag der Tierärztin. Und es ist nicht das letzte Mal an diesem Tag. Nach der Behandlung der Pfote von Hündin Dushka geht es für Daniela Haldi zur Kadaversammelstelle. Kein schönes Bild.
Daniela Haldi muss eine Probe nehmen von einer Kuh, die man töten musste, weil sie krank war. Das sei Vorschrift, erklärt die Tierärztin. Man müsse sicherstellen, dass das Tier nicht an Rinderwahnsinn litt.
Ein unschöner Abschluss eines ziemlich gewöhnlichen Tierärztinnen-Tages. Und nun? Nun habe sie Training im Turnverein, erzählt Daniela Haldi. «Das ist eine gute Abwechslung.» Im Sommer gehe sie auch gerne Rad fahren. Sport ist eine willkommene Abwechslung und ein guter Ausgleich zu ihrem Arbeitsalltag.