Das Wichtigste in Kürze
- Die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt hat Diesellieferwagen mit Messinstrumenten ausgestattet – und sie auf die Strasse geschickt.
- Zum Erstaunen der Forscher schlugen sich die Gefährte gut.
- Einige waren trotz des höheren Gewichts sogar sauberer als Personenwagen mit dem gleichen Motor.
Die ersten Ergebnisse der Abgasmessungen auf der Strasse haben sogar die Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) überrascht. Da Lieferwagen schwerer sind als Diesel-Autos und somit die Motoren stärker belasten, hatten sie erwartet, dass sie auch weniger sauber sind.
Trotz des höheren Gewichts stossen die getesteten Lieferwagen im Verkehr aber nur rund ein Drittel bis ein Fünftel der Stickoxide mancher Autos mit ähnlichem Motor aus. Und zwar egal, wie schwer die Lieferwagen beladen sind.
Sauber dank Harnstoff
Möglich macht die guten Werte die Abgasreinigung der Lieferwagen. Sie unterscheidet sich von derjenigen der meisten Autos. Bei den Lieferwagen wird ein Gemisch aus Harnstoff und Wasser namens AdBlue in die Abgase eingespritzt. Dieses wäscht die Stickoxide aus.
Das System wird bei Lastwagen bereits seit längerem erfolgreich eingesetzt, auch wenn die Schweizer Polizei immer wieder Lastwagen aufgreift, bei denen die Harnstoffzufuhr unterbrochen ist, um den Harnstoffverbrauch zu senken und Kosten zu sparen.
Doch weshalb sind Lieferwagen mit dem System ausgestattet, nicht aber PKW mit gleicher Motorisierung? Thomas Bütler, der die Forschungsgruppe an der Empa leitet, sagt, dies liege auch daran, dass Lieferwagen und Lastwagen von den gleichen Abteilungen der Automobilkonzerne gebaut würden. Diese Abteilungen hätten mehr Erfahrung mit den Systemen und seien es gewohnt, diese zu verbauen.
Neue Regeln, neue Tests
In den nächsten Jahren treten neue strengere Abgasnormen in Kraft. Bei neuen Autos werden ab nächstem Jahr im September die Abgase auch auf der Strasse unter realen Bedingungen getestet. Bei Lieferwagen wird dies ein Jahr später der Fall sein.
Der Harnstoffeinspritzung kommt bei den neuen Regeln eine entscheidende Rolle zu. So meint Thomas Bütler: «Es ist zu erwarten, dass die neuen, strengeren Abgasgesetzgebungen eigentlich nur noch mit AdBlue-Systemen erfüllt werden können.» Die Lieferwagen seien deshalb gut aufgestellt. Einer der getesteten Lieferwagen erfülle die kommenden Grenzwerte bereits.
Das Aus für den Diesel-PKW?
Doch was bei Lieferwagen funktioniert, bedeutet nicht zwingend die Rettung für Diesel-Autos. «Da diese Systeme relativ aufwändig und teuer sind, wird es wahrscheinlich so sein, dass sich für die kleinen Diesel-PKWs der Aufwand nicht lohnt und daher die Dieselmotoren langsam aus dem kleinen PKW-Segment verschwinden werden», so Bütler. Ein Diesel-Fahrzeug mit Abgasreinigung sei mehrere Tausend Franken teurer als die Benzin-Variante.
Die Entwicklung auf dem Auto-Markt scheint Bütler Recht zu geben. Der Autobauer Volvo verabschiedet sich ab 2019 ganz vom reinen Verbrennungsmotor und wird nur noch Hybride und Elektroautos neu auf den Markt bringen. Zudem sinken die Verkaufszahlen aller Diesel-Fahrzeuge etwa in Deutschland schon merklich.