Was geschah hinter den Hausmauern der Familie A.? Vor Gericht wurde das nicht klar. Glaubt man den vier Ehemännern, waren es allesamt funktionierende Familien, wenn auch mit Streitereien und Turbulenzen. Glaubt man hingegen den Frauen, waren sie Sklavinnen, misshandelt und eingesperrt von ihren Männern und deren Vater, dem «Patriarchen», der einem traditionellen Familienbild aus Albanien nachlebt.
Es steht Aussage gegen Aussage. Objektive Beweise gab es in diesem Prozess nur wenige, einige Zeugen, einige ärztliche Berichte, einige Polizeiberichte. Das verwundert nicht, denn die Familie ist kaum integriert, ihr Leben findet hinter verschlossenen Türen statt.
Ein ernüchterndes Urteil
Doch haben die Frauen die Geschichten über die Zustände in den Familien wirklich nur erfunden, wie es die Verteidiger der Männer aufgeworfen hatten? Das Gericht hinterfragte die Glaubwürdigkeit der Frauen, fand Widersprüche, sprach gar von «offensichtlichen Übertreibungen». Und im Zweifel, heisst es, soll ein Gericht für den Angeklagten entscheiden.
Der Staatsanwalt liess noch während des Prozesses die härtesten Anklagepunkte fallen: Menschenhandel und Sexualdelikte. So als könnte er nicht mehr hinter seiner eigenen Anklageschrift stehen, in der er den schwerwiegenden Aussagen der Frauen ausführlich Platz einräumte.
Doch auch wenn das Urteil des Gerichts nachvollziehbar ist, so ist es doch ernüchternd. In der Familie ist nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Das zeigt etwa die Verurteilung des Vaters. Er hat gegen das Ausländerrecht verstossen, weil er die Schwiegertöchter teils illegal in die Schweiz geholt hat, als sie noch minderjährig waren.
Was passiert nun mit den Frauen?
Hintergrund dürfte hier der Kanun sein, dieses mittelalterliche Gewohnheitsrecht, das Frauen wenig Rechte zugesteht. Dieses heikle Terrain mochte das Gericht nicht beschreiten. Es hielt sich an das, was beweisbar war.
Fragt sich nun, was mit den Frauen passiert. Sie sind nach ihren Trennungen illegal in der Schweiz. Wurden sie misshandelt, ohne Beweise, ist das Urteil tatsächlich ein Schlag in deren Gesicht, wie es einer ihrer Anwälte formulierte. Wollten sie mit der Verurteilung der Männer lediglich eine bessere Ausgangslage für den Entscheid über ihr Bleiberecht in der Schweiz erreichen, dann sind sie damit gehörig aufgelaufen.